Projekte zum Thema "Schicksal von Kriegsinvaliden in Österreich" im Themenkreis "kriegsinvalid - taub - blind - taubblind" im Gedenk- und Erinnerungsjahr 2018
Weitere Projekte im Gedenk- und Erinnerungsjahr 2018
2. Viktor Ullmann - Zeuge und Opfer der Apokalypse
3. Neglected History - Zivilgesellschaft im Ersten Weltkrieg in Korrespondenz
zu den Bürgerrechtsbewegungen im Osten Europas
4. Hinkemann und Beckmann
5. Der Verein Wiener Philharmoniker im Spannungsfeld der NS-Kulturpolitik
Projekte
Projekte kuratiert von Herbert Gantschacher in Zusammenarbeit mit
Theater, Festivals, Institutionen (Festival VISUAL Wien, Internationales Musikfestival SOUND WAYS St. Petersburg, Kulturhaus Kingisepp, ARBOS - Gesellschaft für Musik und Theater Wien-Salzburg-Klagenfurt, WITAF Wien, ÖBB - Österreichische Bundesbahnen Wien-Klagenfurt, neuebuehnevillach, Toihaus Salzburg, Klosterruine Arnoldstein, Dom Klementa Jug Lepena, The Educational Bookshop Jerusalem, The American Colony Jerusalem, Theater Spielraum Wien)
Universitäten, Akademien, Konservatorien (Medizinische Universität Wien, Universität Sarajevo, Jerusalem Academy for Music and Dance, Staatliches Konservatorium "Rimsky-Korsakov" St.Petersburg)
Schulen (Bundesinstitut für Gehörlosenbildung Wien, HLMW 9 Höhere Lehranstalt für Mode und Bekleidungstechnik Michelbeuern, Neue Mittelschule Klagenfurt-Wölfnitz, Bridgeschool Jerusalem, Gymnasium Kingisepp)
Archiven (Haus- Hof- und Staatsarchiv Wien, Österreichisches Staatsarchiv Wien, Bundesarchiv Berlin, Archiv des Auswärtigen Amtes Berlin, Nationalarchiv des Staates Israel an der Hebräischen Universität Jerusalem)
Museen (Heeresgeschichtliches Museum und Militärwissenschaftliches Institut Wien, Eremitage St. Petersburg, Russisches Museum Kingisepp, Goriški Muzej Nova Gorica, Anti-Kriegsmuseum Berlin, Tel Aviv Museum of Art)
Bibliotheken (Österreichische Nationalbibliothek, Nationalbibliothek des Staates Israel an der Hebrew University Jerusalem, Friedensbibliothek Berlin)
Patronanz:
Dr. Heinz Fischer, Bundespräsident a.D. der Republik Österreich (für "Österreich 1918-2018")
Dr. Peter Kaiser, Landeshauptmann von Kärnten
Ing. Reinhart Rohr, Erster Präsident des Kärntner Landtages
Wissenschaftlich-Künstlerisches Team:
ao.Univ.Prof. Dr. Gerold Holzer, Univ.Doz. Dr. Marko Klavora, Oberst Georg Rosenzopf, Stv.Dir. Olga Kolmakova, Univ.-Prof. Dr. Alexander Radvilovich, Prof. Dr. Dževad Karahasan, Prof. Zvi Semel, Prof. Dr. Yinam Leef, Mahmoud Muna, em.o.Univ.Prof. Wolfgang Pillinger, Wolfgang Rausch, Horst Dittrich.
Projekte zu "2018 : 100 Jahre Republik Österreich" mit folgenden Themenschwerpunkten:
1. "Hidden History - Schicksal von Kriegsinvaliden in Österreich - Taubheit, Blindheit und Taubblindheit im Großen Krieg 1914-1918" (9.Mai 2018 - 13.Dezember 2018)
Kriegsinvalidität als "Hidden History" (unter Berücksichtigung von Taubheit, Blindheit, Taubblindheit): Kriegsgefangenschaft (zivile und militärische), Kriegsflüchtlinge, Kollateralschäden, Freizeitgestaltung, Kriegsinvalidenaustausch, Militärärzte bearbeitet an Hand der Schicksale von Frauen im Krieg, des Pianisten Paul Wittgenstein, des Politikers Otto Bauer, des Musikers Viktor Ullmann, des Medizinnobelpreisträgers Robert Bárány und des Militärarztes Karl Kassowitz sowie des Eisenbahners und Fotografen Ernst Kassowitz betreffend in Korrespondenz und historischen Kontext zu Russland (Die Situation von Kriegsinvaliden und deren Austausch mit Bezügen zu Norwegen, Finnland, Schweden, Dänemark, Russland, dem Ottomanischen Reich) und Palästina (Die Position der k.u.k. Monarchie im Ottomanischen Reich im Nahen Osten und die Positionen der Republik Österreich). detail >>
2. "Viktor Ullmann - Zeuge und Opfer der Apokalypse" (29.Juli 2018 - 18.Oktober 2019)
Der österreichische Komponist Viktor Ullmann im Ersten Weltkrieg als Artilleriebeobachter Zeuge des Giftgasangriiffs an der Isonzofront am 24.Oktober 1917 bei Bovec (Flitsch / Plezzo) und im Zweiten Weltkrieg als Opfer Vernichtung durch Giftgas am 18.Oktober 1944 in Auschwitz.
Die Republik Österreich begeht 2018 den 100. Jahrestag ihrer Gründung, 2018 ist auch das Jahr des 120. Geburtstags von Viktor Ullmann und 2019 das Jahr des 75.Todestags von Viktor Ullmann. detail >>
3. „Neglected History - Vom Entstehen moderner Zivilgesellschaften im Ersten Weltkrieg zu den Bürgerrechtsbewegungen im Osten Europas" (5.September - 9.September 2018)
Vom Kampf um Frauenrechte, dem Pazifismus der taubblinden Helen Keller und des Philosophen und Reformpädagogen Wilhelm Jerusalem, von den Kriegsdienstverweigerern zum Zivildienst im Ersten Weltkrieg, vom Kampf über Lebensbedingungen ziviler und militärischer Kriegsinvaliden, von Ernst Friedrichs "Anti-Kriegsmuseum" zur Friedensbibliothek - Dichter + Bürgerrechte im Osten Europas an Beispielen aus der ehemaligen UdSSR (Wassili Axjonow, Andrej Sacharow, Ella Michailowna Poljakowa), der DDR (Anti-Kriegsmuseum, Friedensbibliothek, Jürgen Rostock), Polen (Ewa Slaska),
Slowenien (France Bevk, die Friedensbewegung und der antifaschistische Widerstand im Isonzotal) sowie der ehemaligen CSSR (Herbert Thomas Mandl, Josef Wünsch, Opera Furore, BJK - Baletní Jednotku Křeč) - Bürgerrechtsbewegungen und Künstlerinitiativen abseits bekannter Namen. detail >>
4. "Hinkemann und Beckmann" (17.Jänner - 20.Jänner 2018 neuebuehnevillach, 12.Mai - 13.Mai 2018 Theater Spielraum Wien, 8.Juni - 9.Juni 2018 Toihaus Salzburg, Klosterruine Arnoldstein 5.August 2018)
Zwei Dramen, in denen sich die Situationen von zurückkehrenden Soldaten und Kriegsinvaliden von der Front und aus Kriegsgefangenschaft nach den Weltkriegen widerspiegeln, der Hinkemann von Ernst Toller, der wortwörtlich ein Kriegsinvalide ist, und der Beckmann von Wolfgang Borchert, der sowohl physisch als auch psychisch ein zurückgelassenes Wrack des Krieges ist. detail >>
5. "Der Verein Wiener Philharmoniker im Spannungsfeld der NS-Kulturpolitik"
Ausstellungseröffnungen am Klagenfurter Hauptbahnhof jeweils am 31.Dezember 2017 (die Ausstellung ist geöffnet bis zum 2.August 2018) und 31.Dezember 2018 (die Ausstellung ist geöffnet bis zum 1.August 2019)
"Das Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker, dessen kulturpolitischer Ursprung, dessen Vorgänger und Vorläufer im Kontext der ehemaligen Frontkämpfer und Kriegsinvaliden im Ersten Weltkrieg".
"'Ich beziehe eine Pension vom Verein Wiener Philharmoniker'...Wie die Generalversammlung des Vereins Wiener Philharmoniker ihre jüdischen Mitglieder verwertete" dargestellt anhand von Dokumenten der in die Konzentrationslager deportierten jüdischen Philharmoniker in Verbindung mit der Vermögensverwertung, zu ungeklärten Fragen der Restitution und neuen Dokumenten zum Fall Wobisch.
Die beiden Ausstellungen werden umgesetzt in Kulturpartnerschaft zwischen den ÖBB - Österreichische Bundesbahnen und ARBOS - Gesellschaft für Musik und Theater am Klagenfurter Hauptbahnhof. detail >>
1. "Hidden History - Schicksal von Kriegsinvaliden in Österreich - Taubheit, Blindheit und Taubblindheit im Großen Krieg 1914-1918"
Kriegsinvalidität als "Hidden History" (unter Berücksichtigung von Taubheit, Blindheit, Taubblindheit): Kriegsgefangenschaft (zivile und militärische), Kriegsflüchtlinge, Kollateralschäden, Freizeitgestaltung, Kriegsinvalidenaustausch, Militärärzte bearbeitet an Hand der Schicksale von Frauen im Krieg, des Pianisten Paul Wittgenstein, des Politikers Otto Bauer, des Musikers Viktor Ullmann, des Medizinnobelpreisträgers Robert Bárány und des Militärarztes Karl Kassowitz sowie des Eisenbahners und Fotografen Ernst Kassowitz betreffend in Korrespondenz und historischen Kontext zu Russland (Situation von Kriegsinvaliden und deren Austausch mit Bezügen zu Norwegen, Finnland, Schweden, Dänemark, Russland und dem Ottomanischen Reich) und Palästina (Die Position der k.u.k. Monarchie im Nahen Osten und die Positionen der Republik Österreich). 9.Mai - 13.Dezember 2018.
Wenig Aufmerksamkeit hat das Schicksal von Kriegsinvaliden in der Öffentlichkeit, das trifft sowohl auf Frauen als auch Männer zu. In der Monatszeitschrift „Popular Science Monthly“ von Juli 1918 wird die Frage gestellt: „Wenn der Krieg aus ist, wie viele Tausende Menschen werden dann gehörlos oder taubblind geworden sein?“ Anhand konkreter Situationen im Ersten Weltkrieg und den Folgen wird das Thema bearbeitet ausgehend von neu gefundenem Archivmaterial anhand der „La Femme Soldat – Frauensoldaten“ und deren Situation in Kriegsgefangenschaft, des kriegsinvalid gewordenen einarmigen Pianisten Paul Wittgenstein, des Politikers Otto Bauer als kriegsinvalides Austauschsubjekt für Wladimir I. Lenin, des Musikers Viktor Ullmann und der Freizeitgestaltung im Weltkrieg anhand von Konzertprogrammen und Kompositionen, des Medizinnobelpreisträgers von 1914 Robert Bárány, der zu diesem Zeitpunkt in russischer Kriegsgefangenschaft gewesen ist, sowie des Militärarztes Karl Kassowitz, der zu Weihnachten 1914 aus der russischen Kriegsgefangenschaft flieht über China, Japan, USA, Gibraltar und Italien zurück im Mai 1915 nach Wien. Ernst Kassowitz gerät zweimal in Kriegsgefangenschaft, zuerst in Russland und nach der Rückkehr 1918 in Italien, aus der er 1924 zurückkehrt Anhand dieser Schicksale werden dann auch die weiteren Lebenswege beleuchtet. In der Republik Österreich wird Otto Bauer in Nachfolge von Victor Adler deren zweiter Außenminister. Paul Wittgenstein macht eine Karriere als einarmiger Pianist, dem 1938 nach dem Anschluß des austrofaschistischen Ständestaats an das nationalsozialistische Reich die Flucht und Emigration aus Wien gelang, dieses Glück hatte Viktor Ullmann nicht, er wurde am 18.Oktober 1944 in Auschwitz ermordet. Der Mediziner Robert Bárány hat den Nobelpreis für seine Arbeiten am Gleichgewichtsorgan im Ohr erhalten, verlässt aber im November 1917 wegen Anfeindungen Wien und lehrt danach an der Universität in Uppsala. Der Mediziner Karl Kassowitz verlässt Wien in Richtung USA schon 1923, weil er wegen seiner jüdischen Herkunft keine Möglichkeit zur Arbeit am Universitätsklinikum in Wien bekommt. Ernst Kassowitz emigriert 1935 nach der austrofaschistischen Machtergreifung 1933/1934 von Wien nach Seattle, 1938 verlangen die Nazis von ihm in Abwesenheit ein Vermögensverzeichnis, selbst emigrierte Juden waren vor Verfolgung nicht sicher.
1.1. "Hidden History - Kriegsinvalidität, Taubheit, Blindheit und Taubblindheit im Großen Krieg 1914-1918 / Frieden jetzt! – Peace Now! – Мир сейчас!“ Wien-Österreich (9.Mai-18.Mai 2018)
Das Projekt setzt mit Beginn am 9.Mai 2018 einen Schwerpunkt zum Thema „Frieden jetzt! – Peace Now! – Мир сейчас!“. Traditionellerweise wird am 9.Mai in Russland dem Ende des Zweiten Weltkrieges gedacht, das ist den unterschiedlichen Zeitzonen geschuldet. Während also am 8.Mai 1945 in Berlin um Mitternacht zur Beendigung des Zweiten Weltkrieges der Waffenstillstand in Kraft tritt, ist es in Moskau bereits 1.00 Uhr in der Nacht des 9.Mai 1945 gewesen. Nun im Jahr 2018 wird diesem Datum auch programmatisch mit dem Schwerpunkt zur Situation von Kriegsinvaliden, Gehörlosen, Taubblinden an das Ende des Ersten Weltkrieges erinnert damit auch an die Gründung der Republik Österreich vor 100 Jahren im Jahr 1918.
Daher gibt es am 9.Mai 2018 im alten historischen Hörsaal an der Medizinischen Universität Wien ein Symposion zum Thema "Kriegsinvalidität, Taubheit, Blindheit und Taublindheit im Großen Krieg 1914-1918" mit gehörlosen und hörenden Experten (Horst Dittrich, ehemaliger Vizepräsident des Österreichischen Gehörlosenbundes, von der Gehörlosenambulanz in Wien, dem Witaf in Wien, a.o.Univ.Prof. Gerold Holzer von der Medizinischen Universität Wien, Univ.Doz. Dr. Marko Klavora vom Goriški Muzej in Nova Gorica, Gehörlose Flüchtlinge aus dem Irak und Afghanistan). Auch am 9.Mai 2018 wird die Ausstellung „Taubheit, Blindheit und Taubblindheit im Großen Krieg 1914-1918“ im Studio des Wiener Theaters "Spielraum" eröffnet, dabei werden auch neu recherchierte Originaldokumente zum Thema Kriegsinvalidität, Kriegsgefangenschaft, Flucht und Vertreibung im Ersten Weltkrieg gezeigt, wobei hier das Thema Taubheit, Blindheit und Taubblindheit auch in Korrespondenz zwischen den Jahren 1918 und 2018 behandelt wird. Zur Ausstellungseröffnung wird die visuelle Inszenierung des Liedes „One“ der Gruppe „Metallica“ gespielt, das sich mit dem Schicksal eines im Krieg taubblind gewordenen Soldaten auseinandersetzt. Zur Ausstellung wird ein Katalog mit Originaldokumenten publiziert.
Fortgesetzt wird das Symposion mit Workshops zum Thema "Begreifen, Erriechen, Erschmecken" zur Situation von Gehörlosen und Taubblinden sowie zum Thema "Gassed" (taub, blind, taubblind durch Gaskrieg im Ersten Weltkrieg). Somit werden die beim Symposion besprochenen Themen in praktischer Erfahrung in den Workshops umgesetzt. Somit können fünfsinnige Personen praktisch erfahren, was bedeutet, einsinnig, zweisinnig, dreisinnig und viersinnig zu sein und so zu leben.
Diese Workshops finden am 10., 11. und 12.Mai 2018 jeweils um 10.00 Uhr und 18.00 Uhr statt.
Vom 14.Mai 2018 bis 18.Mai 2018 jeweils um 12.00 und 14.00 Uhr gibt es in Wien Workshops und Führungen im Haus-, Hof- und Staatsarchiv am Minoritenplatz, im Österreichischen Staatsarchiv in Erdberg, in der Österreichischen Nationalbibliothek sowie im Arsenal im Militärwissenschaftlichen Institut und Heeresgeschichtlichen Museum, dessen Motto treffen lautet „Kriege gehören ins Museum!“ Denn Waffen schaffen weder Frieden noch Arbeitsplätze. Und die Menschheit wird lernen müssen, den Frieden zu gewinnen, nicht Kriege! http://www.arbos.at/visual_festival_18/index_visual_2018.html
1.1.1. "Frieden jetzt! – Peace Now! – Мир сейчас!" VISUAL 19
Das Projekt wird in Wien auch Teil des Festivals VISUAL 19 "Frieden jetzt! – Peace Now! – Мир сейчас!" sein, die auch folgende Projekte und Produktionen umfasst:
„GLANZGESANG - PLAKAT - PETROPOLIS"
von Ernst Wilhelm Glotz, Wladimir Majakowski und Ossip Mandelstam (10.-18.Mai 2018 im Urbanen Raum Wien an S-Bahnstationen, U-Bahnstationen, Straßenbahnstationen, Rathausplatz, Burgtheater)
In der Wirklichkeit waren Ernst Wilhelm Lotz (1890-1914) und Ossip Mandelstam (1891-1938) im August 1914 auf zwei Seiten der vom Erzhaus Habsburg und der Dynastie der Hohenzollern in Szene gesetzten Wirklichkeit des Krieges. Ernst Wilhelm Lotz kam als Kompagnieführer am 28. September 1914 bei Bouconville in Frankreich ums Leben. Ossip Mandelstam überlebte die Schrecken des Krieges, er schrieb während der russischen Revolution eine symbolistische Ode "Petropolis". Spätere literarische Texte brachten ihn dann in die russischen Straflager, die von der Zaren erfunden worden sind und von der Sowjetmacht und auch von der russischen politischen Führung der Gegenwart weitergeführt werden. Mandelstam verstarb am 27. Dezember 1938 in der Nähe von Wladiwostok. Zwischen die beiden Gedichte wird ein Propagandaplakat des russischen Dichters Wladimir Majakowski (1893-1930) umgesetzt als visuelles Theater geschoben. Majakowski hat die Revolution zunächst unterstützt mittels Lesungen oder Agitprop-Kunst in Form von Propagandaplakaten, die nicht vollendete Umsetzung kritisierte er später, beging am 14. April 1930 in Moskau Selbstmord.
„ZURÜCK IN DIE ZUKUNFT - ZEITREISEN ZU JOSEF II. IN PARIS 1777, IN WIEN 1779 UND 1790 SOWIE ZUR WELTAUSSTELLUNG IN WIEN 1873“ (14.Mai 2018 Theater Spielraum)
Die Republik Österreich verfügt über bedeutende Institutionen, die die Identität der Republik Österreich und deren Gedächtnis bewahren. Dazu zählen das Österreichische Staatsarchiv und eben auch die Österreichische Nationalbibliothek.
Mittels Zeitreisen werden Orte und Plätze und die dazugehörigen Daten aufgesucht, um authentisch Geschichten zur Bildung von Gehörlosen aufzusuchen. Die ersten drei Zeitreisen führen zu Josef II. und den Jahren 1777 in Paris und 1779 und 1790 in Wien. Die kurze Zeit der Aufklärung unter Josef II. bringt den Gehörlosen in Wien das erste Bildungsinstitut. Der Herrscher engagiert sich persönlich, um die Lebensbedingungen in seinem Reich verbessern und unternimmt viele Reisen. Eine solche Reise führt ihn 1877 auch nach Paris. Und dort besucht er am 7. Mai 1777 den Gehörlosenlehrer Abbé de l'Epée und wohnt dem Unterricht bei. Und Josef II. wird 1779 dann in Wien das erste Institut zur Bildung für Gehörlose gründen und somit die Schulbildung für Gehörlose begründen, damit auch Gehörlose in der Folge durch Bildung selbstbestimmt ihr Leben meistern können. Die vierte Zeitreise führt zur Weltausstellung in Wien im Jahr 1873. Im offiziellen Bericht zur Weltausstellung bestehend aus 95 Bänden wird in der Gruppe XXVI, die der Bildung gewidmet ist, auch über den Unterricht für Blinde und Gehörlose im Rahmen der Weltausstellung berichtet. International ist dieser Teil der Weltausstellung zur Gehörlosenbildung auch gewürdigt worden, E.M. Gallaudet von der gleichnamigen weltweit einzigen Universität für Gehörlose in Washington D.C. hat 1873 die Weltausstellung in Wien selbst besucht und in einem offiziellen Bericht der US-amerikanischen Regierung auch gewürdigt. Ebenso ist der Bildungsteil der Weltausstellung von Édouard Séguin in einem offiziellen Bericht der US-amerikanischen Regierung gewürdigt worden. Visuelles Theater über aufregende Zeiten mit visueller Musik und Trommeln!
„DAS SPIEL VOM WÄHLEN ODER DIE REISE INS UNBEKANNTE LAND“ (14.Mai 2018 Theater Spielraum)
Unablässig und unabänderlich werden wir immer mit dem Phänomen konfrontiert, dass wir „wählen“ müssen.Wir müssen unseren Präsidenten der Republik Österreich wählen, wir müssen über die Zusammensetzung des Österreichischen Parlaments abstimmen. Wir müssen von Zeit zu Zeit aussuchen, was wir anziehen wollen. Wir müssen auswählen, was wir essen wollen und können. Wir müssen Entscheidungen fällen, Entschlüsse fassen, Sieger durch Teilhabe an Votings küren. Wir müssen eben permanent lernen zu wählen und von dem Recht zu wählen Gebrauch zu machen. Dieser Prozess des „ewigen Wählens“ ist die Grundlage für diese Spiel- und Theaterreise
Und es darf dabei nicht vergessen werden, dass erst im November 1918 in der Republik Österreich ein Gesetz geschaffen worden, dass es allen, also auch Frauen, ermöglicht, als mündige Bürgerinnen und Bürger an Wahlen gleichberechtigt teilnehmen zu können.
„TALKING GLOVES – SPRECHENDE HANDSCHUHE“ (14.-16.Mai 2018 Theater Spielraum)
Visuelles Theater nach Bildern von Albin Egger-Lienz und Gedichten von August Stramm in einer Inszenierung von Herbert Gantschacher und Werner Mössler
"Sämann und Teufel" - "Wacht" - "Sturm. Den Namenlosen" - "Patrouille" - "Totenopfer" - "Kriegsgrab" - "Der Auferstandene", das sind die Titel der Bilder und Gedichte, die als grandioses Visuelles Theater und Bildtheater gespielt werden mit Visueller Live-Musik! "Talking Gloves" sind wortwörtlich „sprechende Handschuhe“, die vollsinnigen Menschen den Zugang zur Kommunikation mit Taubblinden ermöglichen. Auf diese Art und Weise wird der Weg zur Kommunikation mit Taubblinden auch auf spielerischen Weg geebnet. In der Geschichte hat es mehrere Kommunikationsformen gegeben, die von Taubblinden selbst geschaffen worden sind. Taubheit und Taubblindheit sind zum Teil auch durch Kriege ausgelöst worden, wie dies das Beispiel des amerikanischen Arztes William Terry zeigt, der im amerikanischen Bürgerkrieg ertaubte und erblindete und sich selbst dann ein beidhändiges Fingeralphabet geschaffen hat, um mit seiner Umgebung weiter kommunizieren zu können.
Im Ersten Weltkrieg sind dann diese "Talking Gloves / Sprechenden Handschuhe" dazu benutzt worden, um mit im Großen Krieg ertaubten, erblindeten oder taubblind gewordenen Menschen kommunizieren zu können. Es wurden also das Fingeralphabet der Gehörlosen und die Kommunikationssysteme der Taubblinden dazu in Verwendung gebracht.
Im Zentrum gegenwärtiger und zukünftiger Kulturarbeit sowie der kulturellen Bildung muss die Friedensbildung stehen. Die Staaten müssen lernen, den Frieden zu gewinnen!
"VERWEIGERT DEN KRIEG!"
Visuelles Theater mit Texten und Briefen der taubblinden Helen Keller und des Philosophen, Pazifisten und Reformpädagogen Wilhelm Jerusalem (15.Mai 2018 Theater Spielraum)
Der Wiener Pazifist, Reformpädagoge und Philosoph Wilhelm Jerusalem (1854-1923) ist der Entdecker des literarischen Talents der taubblinden Schriftstellerin und Menschenrechtsaktivistin Helen Keller (1880-1968). 1916 hatte Helen Keller in der New Yorker Carnegie-Hall ihre berühmt-berührende Rede gegen den Krieg gehalten, die Herbert Gantschacher in deutscher Übersetzung dem hiesigen Publikum vorlegt.
Der Beginn des Ersten Weltkriegs markiert auch den Beginn der modernen Zivilgesellschaft, Bürgerrechtsbewegungen, Proteste gegen den Krieg. Diese Anti-Kriegsbewegungen führten in der im Ersten Weltkrieg neutralen Schweiz dazu, dass für Kriegsdienstverweigerer der Zivildienst eingeführt worden ist. Auch in Großbritannien werden in Folge von Protesten der Anti-Kriegsbewegungen und der Kriegsdienstverweigerung aus Gewissensgründen - diese landeten in Gefängnissen oder wurden hingerichtet - Ersatzdienste eingeführt. Laut Angaben der Universität von Leeds sind im British Empire 3118 Personen zum Tod verurteilt worden, davon 361 hingerichtet, in Frankreich 2500 Personen davon 650 hingerichtet, im Deutschen Reich 150 Personen davon 48 hingerichtet und in der k.u.k. Monarchie des Erzhauses Habsburg 1175 Personen davon 1148 hingerichtet.
Kriegsgegner und Pazifisten haben in allen kriegführenden Ländern einen schweren Stand, dies bekommt in den USA auch die taubblinde Schriftstellerin und Menschenrechtsaktivistin Helen Keller zu spüren, als sie ihre programmatische Rede "Verweigert den Krieg!" im Jänner 1916 in der New Yorker Carnegie-Hall hält. Ähnliches gilt für den der Aufklärung verpflichteten in Wien arbeitenden und lehrenden jüdischen Philosophen, Reformpädagogen und Pazifisten Wilhelm Jerusalem, der ja der Entdecker des literarischen Talents von Helen Keller ist. Jerusalem schreibt für die im Schweizer Verlag Art. Institut Orell-Füssli in deutscher Sprache erscheinende Zeitschrift "Internationale Rundschau"; diese Zeitschrift erscheint auch in Kopenhagen in dänischer und in Stockholm in schwedischer Sprache und widmet sich der dringend notwendigen Friedensarbeit im Großen Krieg.
Die taubblinde Schriftstellerin und Kämpferin für die Menschenrechte, Helen Keller (1880-1968), hatte das Glück, am Perkins Institute for the Blind in Boston eine hervorragende Ausbildung zu bekommen, die sie als erste Taubblinde befähigte, am Ratcliff College einen Universitätsabschluss zu machen. Möglich wurde dies auch durch ausgezeichnete finanzielle Ausstattung des Perkins Institute for the Blind, über die selbst die beiden weltweit einzigen königlichen Institute für die Bildung von Gehörlosen in Wien (1779 gegründet von Josef II.) und Paris (ab 1785 gefördert von Ludwig XVI.) nicht verfügten. Schon 1909 stellte Helen Keller eine essentielle Frage. "Wie kann unsere Regierung behaupten, sie kämpft für mehr Demokratie in der Welt", fragte sie, "während hier in den USA Neger massakriert werden können und ihr Eigentum verbrannt?"
1914 hatten die Regierungen und Herrscher der Zentralmächte in Europa, und zwar jene der Vielfachmonarchie des Erzhauses Habsburg und das Haus Hohenzollern des Deutschen Reiches erfolgreich eine Lokalisierung des Krieges auf Serbien im Juli 1914 verhindert und einen europäischen Krieg vom Zaun gebrochen, der im Jahr 1915 auch an Kärntens Grenzen kommt.
Auch in den Vereinigten Staaten von Amerika breitet sich die militaristische Raserei aus. Um diesem Treiben Einhalt zu gebieten, hält Helen Keller am 5. Jänner 1916 in der New Yorker Carnegie Halle eine programmatische Rede mit dem Titel „Streik gegen den Krieg“. Mit dieser Rede kritisierte sie die Propagandakampagne der Regierung. Sie forderte die Arbeiter auf, sich nicht am Krieg zu beteiligen und den Kriegsdienst zu verweigern mit der Begründung, „Jeder moderne Krieg hat seine Wurzel in Ausbeutung“.
Helen Keller war in Briefkontakt mit dem Wiener Philosophen Wilhelm Jerusalem (1854-1923), der mit Kellers Hilfe in Wien das erste Taubblindeninstitut mitbegründet hatte. Der Große Krieg hatte ihre Korrespondenz jäh unterbrochen. Erst am 20.Februar 1920 konnte Jerusalem Keller wieder einen Brief schreiben, da der grausamste aller Kriege einen Briefwechsel unmöglich gemacht hatte. Und Jerusalem schildert schonungslos die Kriegsfolgen, die Hungersnöte und weiß auch, dass dieser Frieden keine Lösung ist. Er sollte Recht behalten, denn die Nationalsozialisten wollten mit dem Zweiten Weltkrieg eine Ergebniskorrektur erzwingen, die nur unter großen Opfern verhindert werden konnte um den Preis des Massenmordes an den Juden, den Roma und Sinti, Slowenen, Russen und anderen Nationen sowie Behinderten und Andersdenkenden!
Dieser Text und diese Inszenierung sind eine aktuelle Warnung an alle, die in Rüstung und Krieg eine Lösungskompetenz sehen hundert Jahre nach dem Ende des Ersten Weltkrieges, mit dessen Ergebnissen die Menschheit heute noch zu kämpfen hat. Die Menschheit wird lernen müssen, Konflikte friedlich zu lösen.
Die Vorstellung am 15.Mai 2018 ist ein besonderes Datum, es ist dies der jährliche Gedenktag für Menschen, die aus Gewissensgründen den Kriegsdienst verweigern.
„DIE MATROSEN VON CATTARO - HELDEN DER GÜTE - OSTPOLZUG"
von Friedrich Wolf, Martha Steinitz und Arnolt Bronnen (16.Mai 2018 Theater Spielraum)
Zwei große Dramatiker der ersten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts rahmen sozusagen die Uraufführung des Textes "Helden der Güte" von Martha Steinitz, nämlich Friedrich Wolf und Arnolt Bronnen. Zwei große Stücke rahmen den programmatischen Text von Martha Steinitz.
Martha Steinitz (1889-1966) ist eine der bedeutendsten Persönlichkeiten der Friedensbewegung im zwanzigsten Jahrhundert, für ihr Lebenswerk ist sie 1961 mit dem Ehrendoktorat der Universität Leeds in Großbritannien ausgezeichnet. In zwanziger Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts forcierte Steinitz als Folge des Großen Krieges 1914-1918 die Bildung einer Friedensgesellschaft. Sie wurde eine der Herausgeberinnen der Jugendbücher der Neuen Gesellschaft, die sich an eine Jugend wenden, die ihr Herz mit einer neuen, besseren Gesinnung erfüllen will, nämlich dem Frieden. In dieser Reihe der Jugendbücher für den Frieden der Neuen Gesellschaft erschienen Bücher und Texte von Autoren wie Leo Tolstoi, Heinrich Heine, Oskar Maria Graf, Sammelbände informierten über das Leben in den Vereinigten Staaten von Amerika, die Liebe zu den Tieren, den Arbeiter in der bildenden Kunst, über das Leben von Arbeiterkindern, über den als Nordland bezeichneten Norden Europas oder Märchen aus der Zeit. Martha Steinitz versammelt in ihrem Buch Texte von Theodor Lessing, Leo N. Tolstoi, Evy Fogelberg, Conrad Ferdinand Meyer, Martin Buber, Fjodor M. Dostojewski, Theodor Fontane, William Whiting, Johann Wolfgang Goethe und lässt Wilfred Wellock über den gewaltlosen Pazifismus von Mahatma Ghandi schreiben. Für Steinitz sind sie die "Helden der Güte". Im Text beschreibt sie, was sie unter Heldentum versteht, dass sich Heldentum historisch gesehen nicht immer über Ritter und Soldaten und deren Heldentaten definieren lässt, dass vielmehr der ein Held ist, dessen Hand das menschenmordende Schwert zerbricht. Oder die Helden und Heldinnen des Alltags, die sich um die Erziehung und Bildung der Kinder kümmern. In diesem Sinn definiert Steinitz das Heldentum: "Jawohl, wir brauchen noch Heldenverehrung. Freilich keine, die sich in Gedächtnisfeiern, Kranzniederlegungen, Trinkkommersen oder Schlimmerem austobt, sondern solche, die sich nicht anders ausrücken will und kann, als in dem ehrlichen Versuche, das Wirken und Vorbild der Helden zu verstehen und - Jeder an seinem Platze - ihnen nachzuleben. In solcher ernsten Vertiefung in das geliebte Heldenideal wird dann die Erkenntnis dessen erwachsen, was wahres Heldentum ist."
In seinem Schauspiel "Die Matrosen von Cattaro" greift der Arzt und Dichter Friedrich Wolf (1888-1953) zur Technik des dokumentarischen Theaters. Am 11.Februar 1918, 6 Uhr früh, sind an der Friedhofsmauer von Skaljari bei Cattaro als Rädelsführer der Flottenrevolte wegen "Empörung" nach § 157 des Militär-Strafgesetzbuches der k.u.k. Wehrmacht der Bootsmannmaat Franz Rasch, der Deckmatrose Anton Grabar und die beiden Geschützmeister Jerko Sisgoric undMate Bernicevic standrechtlich erschossen worden. In seinem Operationsakten unter der Nr. 3212 begründet das k.u.k. Kriegshafenkommando Cattaro die Ursachen Empörung auf dem k.u.k. Flaggschiff, dem Panzerkreuzer "SMS St. Georg": "Es war eine Kundgebung beabsichtigt, und es wurde eine Revolte." Die Ursachen sind Vernachlässigung der Mannschaft durch die Offiziere, schlechte Verpflegung der Mannschaft, luxuriöse Verpflegung der Offiziere, Benachteiligung der Mannschaft zugunsten der Verpflegung der Offiziere, mangelhafte Bekleidung der Mannschaft, wenig Urlaub, die Familien der Mannschaften haben zuhause schlechte Verpflegung, drakonisch Bestrafungen der Mannschaften durch die Offiziere bei geringen Vergehen und kein Beschwerderecht der Mannschaft. Darin bildet sich beispielgebend der Zustand der k.u.k. Monarchie ab, die elf Monate später Geschichte sein wird, für die vier Hingerichteten elf Monate zu spät. 1930 wird Wolfs Schauspiel an der Volksbühne in Berlin uraufgeführt.
Zur Vorlage seines Stückes "Ostpolzug" greift der Dramatiker Arnolt Bronnen (1895-1959) auf die Feldzüge des so bezeichneten Alexander des Großen (353 v.Chr. - 323 v.Chr.) in der Antike zurück, die den mazedonischen Feldherrn über Griechenland, in den Nahen Osten, bis nach Indien und Afghanistan führen werden, der dann letztendlich im Juni 323 in Bagdad an Fieber erkrankt sterben wird. Uraufgeführt im Jänner 1926 in Berlin in der Inszenierung des Meisterregisseurs des expressionistischen Theaters Leopold Jessner spiegelt sich im Stück die persönliche Situation von Bronnen im Spannungsfeld seiner eigenen Konflikte und der Politik, die die angespannte nationale Situation der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg wiedergibt. Somit wird ein ewiger Dialog vermittelt, den der moderne Mann sozusagen mit der Vergangenheit führt, somit verschmilzt das Schicksal des historischen Alexanders des Großen mit einem zeitgenössischen Alexander, als er einen letztlich selbstzerstörerischen Eroberungsweg nach Osten einleitet, wie dies ja auch die Zentralmächte des Deutschen Reiches der Hohenzollern und der k.u.k. Moonarchie des Erzhauses Habsburg ja im Ersten Weltkrieg im Sinne hatten.
Bronnen selbst ist als Soldat der k.u.k. Wehrmacht im Ersten Weltkrieg bei Gefechten schwer verletzt worden und geriet in italienische Kriegsgefangenschaft, kennt also die Situation des Krieges und auch der Kriegsinvalidität aus eigener Erfahrung.
„DIE VIER JAHRESZEITEN“
Ein Taubblindentheaterprojekt (17.-18.Mai 2018 Theater Spielraum)
Wie fühlt sich der Winter an? Wie riecht der Frühling? Wie begreift man den Sommer? Wie schmeckt der Herbst? Nun der Winter ist oft sehr kalt, eiskalt, das Wasser gefriert zu Eis, Boden, Wiesen, Wälder, Berge, Häuser, Dörfer, Städte sind schneebedeckt zumindest hier bei uns in der Mitte Europa. Und wenn es richtig saukalt wird, spricht man buchstäblich von der sibirischen Kälte, die aus den Weiten Russlands nach Mitteleuropa vordringt. Im Frühling befreien sich die Seen, Bäche und Flüsse von Eis, das Wasser rauscht talwärts, Schneeglöckchen und Schneerosen kündigen den Frühling, die Wiesen werden vor Gras grün, Blumen blühen, Bäume schwingen im Wind die grünen Äste, auch Obstbäume blühen, die Äcker werden bestellt. Kühe, Schafe, Ziegen zieht es auf die Berge. Die Zugvögel kehren von ihren langen Reisen aus Afrika und Asien zurück. Der Frühling ist ein Fest der Farben und Gerüche. Der Sommer ist warm und heiß, es wird auch brütend heiß, es beginnt die Zeit des Mähens der Wiesen und das Ernten der Felder, Strohballen liegen herum. Im Herbst vollendet sich das Ernten von Obst und Gemüse, Vorräte werden angelegt, die Wälder verfärben sich, Laub fällt von den Bäumen, nur die Nadeln der Fichten, Tannen, Föhren bleiben grün, die Tiere kehren zurück von den Almen, die Zugvögel brechen wieder auf in wärmere Gefilde mit ihren langen Reisen nach Afrika und Asien. Ja so in etwa erleben Taubblinde den Lauf des Jahres. Ein Pionier der wissenschaftlichen Beschäftigung mit Taubblinden ist ja seinerzeit in Wien sesshaft geworden, die Rede ist vom Philosophen, Reformpädagogen und Pazifisten Wilhelm Jerusalem, der die erste Monographie über die einsinnige Laura Bridgman verfasste, der sich mit der zweisinnigen Marie Heurtin beschäftigte, der das literarische Talent der dreisinnigen Helen Keller entdeckte, und der sozusagen die fünfsinnige Welt mit der Vielfalt der Welt der Taubblinden vertraut gemacht hat.
„PRINZIP GABRIEL"
Visuelles Musiktheater mit Libretto von Dževad Karahasan und Musik von Theodor Burkali (17.Mai 2018, Theater Spielraum)
Vor hundert Jahren ist im Hochsicherheitstrakt der Kleinen Festung in Theresienstadt der Doppelmörder von Sarajevo am 28.April 1918 verstorben.
Das Musiktheaterprojekt „Prinzip Gabriel" schlägt den Bogen von Sarajevo über Wien nach Theresienstadt.
Gavrilo Princip ist nach seiner Verurteilung zu lebenslänglichem Kerker wegen der tödlichen Schüsse auf den Thronfolger des Erzhauses Habsburg Franz Ferdinand und dessen Gattin Sophie vom 28.Juni 1914 auf Anordnung der Wiener Administration in der Kleinen Festung in Theresienstadt inhaftiert worden. Princip entging nur deshalb der Todesstrafe, weil er zum Zeitpunkt der Tat nach geltendem Recht noch nicht volljährig war.
In der Kleinen Festung in Theresienstadt, die der Administration des Erzhauses Habsburg als Militärgefängnis diente, hatte Princip Rede-, Schreib- und Leseverbot. Die Mauern der Festung waren feucht und im Winter zudem noch eiskalt. Das führte zu gesundheitlichen Schädigungen des Häftlings Princip, an deren Folgen er am 28.April 1918 in Theresienstadt gestorben ist. In die Zellenmauer hat er folgenden Text eingeritzt: „Unsere Geister werden durch Wien wandern Am Hofe umherirren, die sogenannten Herrschaften erschrecken."
Am 30.April 1918 titelt das Prager Tagblatt: "Der Morder Princip an Tuberkulose gestorben" und teilt in einer Meldung mit: "Theresienstadt, 29.April. Gestern ist hier Princip, einer der beiden Mörder des Erzherzogs Franz Ferdinand an Tuberkulose gestorben. Princip war zur Zeit seiner Tat noch nicht achtzehn Jahre alt und wurde darum nicht zum Tode, sondern zu lebenslänglichen Kerker verurteilt. Die Strafe büßte er in der Festung Theresienstadt ab. Bald nach seiner Einlieferung wurde festgestellt, daß er an Knochentuberkulose leide. Er wurde zweimal operiert, freilich konnte dies nur eine kurze Erstreckung seines Lebens bedeuten. Der andere Mörder Gavrilovic ist bereits vor längerer Zeit derselben Krankheit in der Festung erlegen."
Der bosnische Dichter Dževad Karahasan hat nun in einem „Tagebuch der Beobachtung" aus der Perspektive des Militärpsychiaters Dr. Pappenheim das Verhalten des Häftlings Princip protokolliert, wobei Dr. Pappenheim Princip auch selbst zu Wort kommen lässt. Nur für Dr. Pappenheim hatte Princip eine Art Mitteilungserlaubnis. Der letzte Eintrag des Dr. Pappenheim vom 12.Jänner 1918 über die Beobachtungen des Gavrilo Princip vermerkt folgendes: „Allgemeine Erschöpfung, aber bei Bewusstsein. Bedeutet mir mit den Augen, mein Ohr vor seine Lippen zu halten, flüstert folgenden Satz: ‚Sie fürchten mich, weil sie meine Freiheit nicht ertragen. Sie haben mir nur den Körper gelassen, und jetzt sehen sie mit Entsetzen, dass auch der Körper explodieren kann, solange eine Seele in ihm ist.'"
Für den aus Györ kommenden Komponisten Theodor Burkali dient der Text Karahasans als Vorlage für seine Komposition.
„I CARRY THE FLAG“ VISUELLES THEATER NACH DEM GEDICHT „DIE WEISE VON LIEBE UND TOD DES CORNETS CHRISTOPH RILKE“
von Tim McCarty (18.Mai 2018 Theater Spielraum)
Der junge Christoph Rilke durchquert die ungarische Ebene, am Wachtfeuer bemerkt der junge Soldat, wie sein französischer Gefährte eine Rose küsst, auch Dirnen fehlen nicht. Während des Feldzuges wird er zum Cornet, dem Fahnenträger, ernannt. Nach einer Begegnung mit einer Frau, die an einen Baum gefesselt ist, nachdem er einen Brief an seine Mutter geschrieben hat und nachdem er über einen erschlagenen Bauern hinweggeritten ist, werden der Cornet und seine Truppe auf einem Schloß gastlich empfangen. Am Morgen greift der Feind an, aber der Fahnenträger ist nicht zur Stelle; er hat die Nacht mit der Gräfin verbracht und muss aus den Flammen des brennenden Schlosses erst die Fahne retten, ehe er sich mit ihr unter die Feinde werfen kann und dabei stirbt. Seiner Mutter wird die Kunde von seinem Tod übermittelt. 1912 wurde dieses Gedicht in Prosa als erster Band der Insel-Bücherei auf Anraten von Stefan Zweig herausgegeben, das Büchlein wurde zum erfolgreichsten und bekanntesten Werk des Autors. Die Situation des Heldentods trug dazu bei, dass das Werk im ersten Weltkrieg von vielen Soldaten euphorisch gelesen wurde, was jedoch nicht der Position des Dichters zu seinem Werk entsprach. Die Adaption als visuelles Theater von Tim McCarty wird auch die Situation der Kriege sowohl des 20. als auch des 21. Jahrhunderts reflektieren.
Siehe auch die Links http://www.arbos.at/visual_festival_18/index.htm und
https://www.youtube.com/watch?v=U34S67o7C9o&feature=youtu.be
1.2. "Hidden History - Kriegsinvalidität, Taubheit, Blindheit und Taubblindheit im Großen Krieg 1914-1918" Kingisepp und St. Petersburg (18.November - 25.November 2018)
In Fortsetzung des in Wien und Österreich unter dem programmatischen Titel stehenden Projekts „Kriegsinvalidität, Taubheit, Blindheit und Taublindheit im Großen Krieg 1914-1918 / Frieden jetzt! – Peace Now! – Мир сейчас!“ wird nun in Kingisepp im Russischen Museum die Ausstellung " Kriegsinvalidität, Taubheit, Blindheit und Taubblindheit im Großen Krieg 1914-1918" in russischer Sprache mit Zusammenfassungen in Deutsch und Englisch gezeigt, dazu gibt es Workshops unter dem Titel "Gassed" zu den Themenkreisen der Gehörlosigkeit, der Taubblindheit sowie der Situation der Kriegsinvalidität im Ersten Weltkrieg, die als Folge von Einsatz von Giftgas zu Taubheit, Blindheit und Taubblindheit führte.
In St.Petersburg werden dazu jene Orte aufgesucht, die als Hospitalitätslager für kriegsinvalide Kriegsgefangene dienten. Diese Hospitalitätslager sind am Finnischen Bahnhof und in der Peter-und-Paul-Festung gewesen, auch die Eremitage ist für Kriegsinvalide benutzt worden. Zusätzlich werden das Museum der politischen Geschichte Russlands (dieses befindet sich im ehemaligen Palais der Primaballerina Matilda Maria Felixowna Kschessinskaja, der Geliebten des letzten Zaren Nikolaus II.) und das zentrale Postamt aufgesucht, dieser Gebäudekomplex ist jener Ort gewesen, an denen sich das Revolutionsjahr 1917 entschieden hat, wie dies T.G. Masaryk, der erste Staatspräsident der Tschechoslowakei, persönlich erlebt hat.
Dazu gibt es programmatisch zwei Vorstellungen "Talking Gloves - Sprechende Handschuhe" zu Gedichten von August Stramm und Bildern von Albin Egger-Lienz (Sprechende Handschuhe sind
im Ersten Weltkrieg verwendet worden, um mit durch Giftgas taubblind gewordenen Soldaten kommunizieren zu können.) und "Johnny zieht in den Krieg" (Visuelles Theater nach dem Roman von Dalton Trumbo basierenden auf einer tatsächlichen Geschichte aus dem Ersten Weltkrieg, ein Soldat wird an der Front von einer explodierenden Granate derart getroffen, dass er Beine, Hände, Gesicht und Gehör verliert, somit ein taubblinder Kriegsinvalide wird, der nun mit dem Morse-Alphabet kommunizieret. Weiters werden Gedichte und kurze Stücke von Georg Trakl, Alfred Lichtenstein, Andreas Latzko, Guillaume Apollinaire und Daniil Charms gespielt.). Zudem werden beim 30. Internationalen Festival der Neuen Musik "SOUND WAYS" in St. Petersburg zwei Szenische Konzerte gespielt, die dem Komponisten Viktor Ullmann und dem Pianisten Paul Wittgenstein gewidmet mit den programmatischen Titeln "Zehntausend Kilo Phosphor" (Ullmann wurde am 24.Oktober 1917 Zeuge des Giftgasangriffs an der Isonzofront und am 18.Oktober 1944 Opfer im NS-Vernichtungslager Auschwitz ermordet mit Giftgas) und "Der Krieg ist aus, das sagst Du so mit Stolz, nur dieser Krieg ist aus, der letzte?" (Der Pianist Paul Wittgenstein verlor als Folge von Kampfhandlungen im Ersten Weltkrieg 1914 seine rechte Hand, diese wurde ihm in russischer Kriegsgefangenschaft amputiert, bevor er 1915 als Kriegsinvalide ausgetauscht worden ist. Paul Wittgenstein setzte seine musikalische Karriere als einarmiger Pianist mit der linken Hand fort, 1938 gelang ihm die Flucht vor den Nazis über Kuba in die USA.).
1.3. "Über Orientalismus / Beyond Orientalism - Über die Situation von Kriegsinvaliden im Ottomanischen Reich unter Berücksichtigung von kriegsinvaliden Kriegsgefangenen aus dem Ottomanischen Reich und deren Austausch mit historischen Bezügen zu Norwegen, Finnland, Schweden, Dänemark, Russland und der k.u.k. Monarchie und Palästina, die Position der k.u.k. Monarchie in militärischer und diplomatischer Hinsicht im Ottomanischen Reich im Nahen Osten und die Positionen der Republik Österreich" Jerusalem (3.Dezember - 4.Dezember 2018)
Ein weitgehend unbekanntes Kapitel zur Geschichte des Ersten Weltkrieges ist die Situation der kriegsinvaliden kriegsgefangenen Soldaten des Ottomanischen Reiches. Ihr Weg aus den russischen Kriegsgefangenenlagern zurück in das Ottomanische Reich wird ein sehr langer sein. Seit dem 12.August 1915 werden kriegsinvalide kriegsgefangene Soldaten zwischen dem Deutschen Reich der Dynastie der Hohenzollern und der k.u.k. Monarchie des Erzhauses Habsburg und dem Russischen Reich der Dynastie der Romanows ausgetauscht durch das neutrale Schweden am Schienenweg. Solange die Zarendynastie der Romanows an der Macht ist, kommt es zu keinerlei Austausch zwischen dem Russischen Reich und dem Ottomanischen Reich. Erst im Jahr 1917 nach dem Ende der Herrschaft der Romanows in Russland kommt zum Austausch von kriegsinvaliden kriegsgefangenen Soldaten aus dem Ottomanischen Reich. Die ersten drei Kriegsinvaliden aus der Ottomanischen Armee (Mustafa Raschid, Halil Mohamed und Jusuf Osman) sind in den erhaltenen Listen mit Datum vom 24.Oktober 1917 vermerkt, sie werden zuerst in die k.u.k. Monarchie befördert, bevor sie in das Osmanische Reich zurückgebracht werden. Per Eisenbahn kommen die zum Austausch vorgesehen Kriegsinvaliden über St. Petersburg / Petrograd nach Tornio an die schwedische Grenze nach Haparanda. Hier endet auch die russische Breitspur und beginnt die europäische Normalspur. Mit Sanitätszügen werden die Kriegsinvaliden durch Schweden nach Trelleborg gebracht, von dort geht es mit der Fähre nach Saßnitz auf die Insel Rügen im Deutschen Reich, gegenläufig werden zum Austausch vorgesehene russische Kriegsinvaliden durch Schweden in Richtung Norden an die schwedische Grenze transportiert. Eine Sonderregelung gibt es für kriegsgefangene Ärzte und Sanitätspersonal aber auch für Tierärzte. Bis März 1918 werden insgesamt 185 kriegsinvalide kriegsgefangene Soldaten (davon 12 Offiziere) aus dem Osmanischen Reich über Tornio, Haparanda, Saßnitz in die k.u.k. Monarchie gebracht.
Kriegsinvalidität ist im übrigen ein Thema, mit sich die Geschichtsforschung wenn überhaupt so nur am Rande beschäftigt, obwohl im Ersten Weltkrieg an die 9,340.000 Soldaten und Soldatinnen getötet worden sind, aber an die 21,373.000 Soldaten und Soldatinnen kriegsinvalid geworden sind. An die 7,875.000 Zivilpersonen sind im Ersten Weltkrieg getötet worden, Zahl über zivile Kriegsinvalide aus dem Ersten Weltkrieg liegen keine vor. Auch aus der k.u.k. Monarchie liegen Zahlen über Toten und Kriegsinvalide vor. An die 1,200.000 Angehörige der k.u.k. Wehrmacht sind im Ersten Weltkrieg getötet worden, an die 3,620.000 Angehörige der k.u.k. Wehrmacht sind im Ersten Weltkrieg kriegsinvalid geworden, an die 2,150.000 Angehörige der k.u.k. Wehrmacht sind im Ersten Weltkrieg Kriegsgefangene gewesen (in dieser Zahl sind auch die vermissten Personen miteinbezogen). 300.000 Zivilpersonen aus der k.u.k. Monarchie sind im Ersten Weltkrieg getötet worden, keine Zahlen liegen über zivile Kriegsinvalide vor. Auch aus dem Osmanischen Reich liegen Zahlen vor, an die 325.000 Armeeangehörige sind getötet worden, 400.000 Armeeangehörige sind kriegsinvalid geworden, an die 2,150.000 Zivilpersonen sind getötet worden, über zivile Kriegsinvalide liegen auch aus dem Osmanischen Reich keine Zahlen vor. Angesichts dieser großen Zahl von kriegsinvaliden Personen ist es erstaunlich, dass das Thema keine größere Aufmerksamkeit auf sich zieht.Im Orient sind im Ersten Weltkrieg von der k.u.k. Wehrmacht mobile Feldspitäler in Verwendung, verlegt werden die mobilen Feldspitäler 202 und 309, letzteres kommt in Azaz bei Aleppo zum Einsatz, so können Kriegsinvalide auch mit schwersten Verletzungen behandelt werden und das vor Ort, denn das Feldspital ist in kurzer Zeit per Bahn erreichbar. Neben diesen mobilen Feldspitälern gibt es auch stationäre Krankenanstalten wie das k.u.k. Reservespital in Jerusalem.
Politische und militärische Interessen haben zu allen Zeiten eine wesentliche Rolle gespielt und werden diese auch weiterhin spielen. Das trifft auch auf die Situation der Habsburgermonarchie bis 1918 und dann auch auf die Republik Österreich zu, wenngleich es in der Monarchie des Erzhauses Habsburg eine ganz andere Interessenslage gegeben hat als in der Republik Österreich.
Ein äußerst interessanter militärischer Aspekt ist historisch gesehen die Luftaufklärung, davon haben sich historische Aufnahmen im Österreichischen Staatsarchiv erhalten. Es ist mehr als bemerkenswert, dass der Orient zwischen dem Suezkanal und dem Taurusgebirge nahezu flächendeckend in den Jahren 1917 und 1918 mittels Luftbilder aufgeklärt worden ist, um eben einerseits Bombardierungen mit Flugzeugen und Flugkörpern gegen strategische Ziele durchführen zu können und andererseits mit Artillerie (im konkreten Fall mit Batterien der k.u.k. Wehrmacht ausgestattet mit Kanonen und Haubitzen von Škoda) Bombardierungen und Beschießungen sozusagen punktgenau machen zu können (Kollateralschäden miteingeschlossen).
Damit die Monarchie des Erzhauses Habsburg sozusagen politisch vor Ort im Orient vertreten ist, sind Konsulate eingerichtet worden, jenes in Jaffa arbeitet seit 1821, jenes in Beirut seit 1841. Im Jahr 1848 wird auch ein Konsulat in Jerusalem eröffnet. Und ab 1894 wird auch in Aleppo ein Konsulat eingerichtet, dessen intensivste Tätigkeit in die Zeit des Großen Krieges von 1914 bis 1918 fällt. Von den Konsulaten in Jaffa und Beirut existieren Akten bis in das Jahr 1917 (also jeweils bis zu deren Schließung), vom Konsulat in Jerusalem existieren Akten noch von Anfang 1918 (dem Zeitpunkt der Auflösung), hingegen arbeitet das Konsulat in Aleppo bis Kriegsende.
Um sich besten Sinn des Wortes ein Bild zu machen, berichten Zeitungen im Orient und in der k.u.k. Monarchie auch in den Jahren des Großen Krieges von 1914 bis 1918. In der Monarchie des Erzhauses Habsburg wird von den Zeitungen das Lesepublikum mit Bildern und Berichten über den Orient vertraut gemacht, vor Ort im Orient berichtet aus Jerusalem seit dem Jahr 1908 die Zeitung "Al-Kouds", die zweimal pro Woche erscheint. Und seit dem Jahr 1904 versorgt die Tageszeitung "Kleine Zeitung" den steirisch-kärntnerischen Raum mit Informationen, die Zeitung ist auch in Triest / Trst / Trieste, Ljubljana / Laibach und Zagreb / Agram erhältlich. Und die "Kleine Zeitung" informiert ihr Lesepublikum auch über den Orient, dies geschieht auch während der Zeit des Großen Krieges in Bild und Wort, sodass sich das Lesepublikum im besten Sinn des Wortes ein Bild machen kann. Zu den Themen Orientalismus und Kriegsinvalidität, Orientalismus, Militär und Diplomatie sowie zu Positionen der Republik Österreich im Orient wird zusammen mit The American Colony und dem Educational Bookshop in Jerusalem sowie ARBOS - Gesellschaft für Musik und Theater ein Symposion abgehalten werden. Der Orthopäde von der medizinischen Universität Wien, Univ.-Prof. Dr. Gerold Holzer wird zum Thema der Kriegsinvalidität und deren vielfältige Facetten referieren. Der Flughistoriker Gerald Penz wird anhand von historischen Luftbildaufnahmen aus dem Orient aus der Zeit des Ersten Weltkrieges die Bedeutung von Luftaufklärung anhand von Luftbildaufklärung darstellen. Herbert Gantschacher wird einerseits über die historische Situation des Kriegsinvalidenaustausches zwischen den Kriegsparteien im Ersten Weltkrieg anhand von Originaldokumenten berichten und andererseits auf die politischen Positionen der Archäologen Thomas Edward Lawrence, Alois Musil und Max Oppenheim sowie der Archäologin Gertrude Bell anhand der Dissertation von Elisabeth Jerusalem von der Universität Wien über Gertrude Bell aus dem Jahr 1934 hinweisen. Wolfgang Rausch wird als leitender Redakteur der "Kleinen Zeitung" über das historische Orientbild referieren, das die "Kleine Zeitung" über den Orient seinem Lesepublikum in den Kriegsjahren von 1914 bis 1918 vermittelt. Dazu werden Positionen aus dem Orient vermittelt wie eben anhand der Zeitung "Al-Kouds", diese Referate werden kuratiert vom Leiter des Educational Bookshops in The American Colony, Mahmoud Muna. Über Friedensmissionen, an denen sich die Republik Österreich im Nahen Osten beteiligt hat, wird Oberst Georg Rosenzopf berichten, der selbst als Kommandeur an UN-Friedensmissionen auf den Golanhöhen zwischen Syrien und Israel deeskalierend tätig gewesen ist. Rosenzopf wird dabei auch in einem historischen Kontext die militärischen Einsätze der k.u.k. Wehrmacht im Ersten Weltkrieg im Orient einer kritischen Betrachtung unterziehen, aber auch die Aufgaben von Blauhelmen der Vereinten Nationen bei Friedensmissionen im Nahen Osten betrachten. Im Österreichischen Staatsarchiv gibt es mehr als 1000 historische Fotos, die mehr als bildhaften Eindruck von der Situation im Orient zwischen 1914 und 1918 geben. Im Focus einer Ausstellung, in der von den im Österreichischen Staatsarchiv archivierten Fotografien eine Auswahl gezeigt werden wird, wird dabei vor allem die Situation des Sanitätspersonals und der Kriegsinvaliden sein. Die Referate des Symposions (2.Dezember bis 3.Dezember 2018) werden in Buchform in drei Sprachen (englisch, arabisch, deutsch) erscheinen.
Zudem wird mit der "Bridgeschool" in Jerusalem im Rahmen von Workshops mit den künstlerischen Mitteln des visuellen Theaters an der Sensibilisierung zum Themenkreis "taub-blind-taubblind-kriegsinvalid" gearbeitet. Gehörlose und hörende Künstler arbeiten gemeinsam mit den Schülerinnen und Schülern an den Workshops "Begreifen-Erriechen-Erschmecken" und "Gassed", so dass die Situationen der Taubheit, Blindheit und Taubblindheit im wahrsten Sinn des Wortes begreifbar werden.
Somit wird auch eine Sensibilisierung der Sinne erreicht. An diesen Projekt wirken mit: der gehörlose Schauspieler Werner Mössler, der Schauspieler Markus Pol (ein CoDA, Kind gehörloser Eltern und ausgebildeter Experte für die Kommunikation mit Taubblinden), der Schauspieler Markus Rupert sowie der Autor, Regisseur und Produzent Herbert Gantschacher.
Die Ergebnisse der Workshops werden in einem Theaterabend am 4.Dezember 2018 gezeigt, wobei dann auch Gedichte und kurze Szenen von Georg Trakl, August Stramm, Paul Liechtenstein (diese drei Dichter sterben als Soldaten im Großen Krieg), Paul Scheerbart, Sergej Eisenstein und Sergej Prokoviev gezeigt werden.
Abgeschlossen wird dieser Theaterabend mit der visuellen Aufführung von Dalton Trumbos "Johnny Got His Gun", ein Soldat verliert im Ersten Weltkrieg nach einem Granatenvolltreffer Hände, Beine, Gesicht und Gehör. In der Situation eines taubblinden Kriegsinvaliden gelingt es ihm, mit Hilfe des Morsealphabets mit seiner Umgebung zu kommunizieren.
1.4. „Der Philosoph, Reformpädagoge und Pazifist Wilhelm Jerusalem als identitätsstiftende Persönlichkeit für die Republik Österreich und den Staat Israel - Dokumente und Archivalien zur taubblinden Helen Keller, dem Philosophen Ernst Mach, dem Dichter Anton Wildgans sowie dem ersten Kanzler der Ersten Republik Österreich und dem ersten Präsidenten der Zweiten Republik Österreich Karl Renner“ Jerusalem (6.Dezember 2018)
Als "den Moses der Taubblinden" charakterisiert die taubblinde Helen Keller in einem Brief Wilhelm Jerusalem zu dessen sechzigsten Geburtstag im Jahr 1914. Zu diesem Zeitpunkt ist aus einem lokalen Konflikt zwischen dem Königreich Serbien und der k.u.k. Monarchie wegen des Doppelmordes von Sarajevo bereits ein veritabler Großer Krieg geworden mit Schlachtfeldern in Europa, in Asien, in Afrika und auf den Weltmeeren, so dass auch der amerikanische Kontinent wie auch der australische Kontinent mit Ozeanien nicht vom Kriegsgeschehen verschont bleiben. Alle fünf Kontinente sind am Ersten Weltkrieg mitbeteiligt. Und genau dieser Große Krieg unterbricht den Briefwechsel zwischen dem österreichisch-jüdischen Philosophen, Reformpädagogen und Pazifisten Wilhelm Jerusalem und er US-amerikanischen taubblinden Schriftstellerin und Menschenrechtsaktivistin Helen Keller. Wilhelm Jerusalem hat als erster das literarische Talent der taubblinden Helen Keller erkannt. Erst 1920 kann Wilhelm Jerusalem wieder an Helen Keller schreiben, in diesem Brief bittet Jerusalem Keller um Hilfe angesichts der katastrophalen Versorgungslage in Wien: "Der Krieg ist aus, doch dieser Frieden ist keine Erlösung".
In der Tat leistet Wilhelm Jerusalem für die Bildung von Taubblinden Außerordentliches. Seine Habilitation über die taubblinde Laura Bridgman wird zur ersten Monographie über sie, die als erste Taubblinde überhaupt eine Schulbildung erhalten hat, obwohl sie nur über Tastsinn verfügt hat, also einsinnig gewesen ist. Mit der französischen Taubblinden Marie Heurtin, die taubblind geboren worden ist, führt Jerusalem einen Briefwechsel und schreibt auch über sie eine Monographie. Und mit Helen Keller führt Wilhelm Jerusalem Zeit seines Lebens einen Briefwechsel, zwei der Originalbriefe von Helen Keller an Wilhelm Jerusalem befinden sich im Nationalarchiv des Staates Israel in Jerusalem, die anderen Briefe von Helen Keller und Wilhelm Jerusalem sind in Österreich und den Vereinigten Staaten von Amerika.
Wilhelm Jerusalem ist nicht nur der Entdecker des literarischen Talents von Helen Keller gewesen, er ist Freund und Kollege von bedeutenden Philosophen wie Ernst Mach gewesen, er ist aber auch Lehrer und Mentor des Komponisten Viktor Ullmann, des Dichters Anton Wildgans und des späteren ersten Kanzlers der ersten Republik Österreich und des ersten Präsidenten der zweiten Republik Österreich, Karl Renner gewesen. Dazu finden sich im Nationalarchiv des Staates Israel Karl Renners Typoskript seiner Autobiographie mit dem Kapitel über Wilhelm Jerusalem sowie der Briefwechsel zwischen Wilhelm Jerusalem und Anton Wildgans.
Und wenn man die Archivalien aufmerksam studiert, so fällt einem bei den erhaltenen Briefen Wilhelm Jerusalems aus dem Ersten Weltkrieg sofort ins Auge, dass die auf den Kuverts aufgeklebten Briefmarken Flüchtlinge und Kriegsinvalide zeigen.
Zudem findet sich ein bemerkenswertes Schriftstück im Nationalarchiv des Staates Israel. Die Freunde Österreichs und der österreichischen Gesellschaft in Palästina erinnern 1943 in Jerusalem an dessen Entstehung: "Zur Erinnerung an 1918, die Erinnerung an die Niederlage der Armeen des preußischen Militarismus ist ein Alptraum für die Nazis. Aber für die Österreicher bedeutet 1918 die Geburt eines freien Österreich. Heute, 25 Jahr später nach der Gründung der Republik Österreich wissen die Österreicher, dass ihr Land nicht früher wieder sein wird, bevor das Hitlerische Österreich endgültig zusammenbricht. Und sie helfen mit, um dieser Niederlage zu erreichen.“ Daran haben die aus Österreich vertriebenen Juden großen Anteil, viele von ihnen kommen mit den Armeen der Alliierten und helfen mit, die Terrorherrschaft der Nazis zu beenden darunter auch Verwandte des Philosophen, Reformpädagogen und Pazifisten Wilhelm Jerusalem, der ab 1919 in der Republik Österreich als 65jähriger mit der Professur für Philosophie an der Universität in Wien die längst fällige Anerkennung erhielt. Wilhelm Jerusalem hat auch bedeutende Arbeiten über Taubblinde verfasst und gilt als der Entdecker des literarischen Talents der taubblinden Helen Keller, die 1916 mitten im Großen Krieg die pazifistische Rede „Verweigert den Krieg!“ in New York gehalten hat. Bei Wilhelm Jerusalem belegte Viktor Ullmann 1918 an der Universität Wien die Vorlesungen „Einleitung in die Philosophie“ und „Einleitung in die Soziologie“. Wilhelm Jerusalem ist der erste philosophische Mentor des jungen Viktor Ullmann, der ihn mit pazifistischer Anti-Kriegsliteratur bekannt macht wie mit dem Werk von Georg Friedrich Nicolai „Die Biologie des Krieges“, darin findet sich auch das von Albert Einstein, Wilhelm Förster und Georg Friedrich Nicolai unterzeichnete Manifest gegen den Krieg (das Albert Einstein Archiv ist an der Hebräischen Universität in Jerusalem). Vater Maximilian Ullmann zählt zum Freundes- und Bekanntenkreis der Jerusalems, Oberst Maximilian Ullmann bewacht im Herbst 1917 vor, während und nach der 12. und letzten Isonzoschlacht den Kaiser und König Karl der k.u.k. Monarchie am Schlachtfeld mit seinem Regiment und wird quasi als Belohnung dafür in den Adelsstand erhoben. Viktor Ullmanns letzter Mentor im Konzentrationslager Theresienstadt wird wiederum mit Emil Utitz ein Philosoph, der Viktor Ullmann in der Bibliothek einen Platz zum Komponieren einrichtet, ihm ist es auch zu verdanken, dass ein Teil der Theresienstädter Kompositionen Ullmanns der Nachwelt erhalten geblieben sind. Viktor Ullmann wird wie Erwin Jerusalem in Auschwitz ermordet, Irene Jerusalem in Lodz, beide Kinder von Wilhelm Jerusalem. Dem anderen Sohn von Wilhelm Jerusalem, Edmund, gelang mit Ehefrau und Kindern die Flucht aus Wien nach Palästina in den heutigen Staat Israel.
Von der Flucht vor den Nationalsozialisten werden auch Manuskripte, Briefe und Bücher von Wilhelm Jerusalem betroffen sein. Die Bücher von Wilhelm Jerusalem bleiben bis auf einige Ausnahmen in Wien so gut wie erhalten bis auf den Großteil der Briefe und Manuskripte, die im Jänner 1945 verbrannt werden. Ein Teil der Briefe und Manuskripte hat sich in den USA erhalten, ein Teil in Österreich und ein Teil in Israel. Ein mehrjähriges Forschungs- und Rechercheprojekt führt diese Archivalien nun digital wieder zusammen in ein Wilhelm-Jerusalem-Archiv, dessen digitaler Bestand in Zukunft im Nationalarchiv des Staates Israel in Jerusalem aufbewahrt wird und für Forschungszwecke zur Verfügung steht.
Teil dieses Projektes ist auch die Begegnung mit den beiden noch lebenden Enkelinnen von Wilhelm Jerusalem, Mirjam Bronspigel und Leni Birnbaum, sowie Edith Fischhof-Gilboa, der Tochter mit dem Urenkel von Wilhelm Jerusalem, Joseph bis zu dessen plötzlichen Tod verheiratet gewesen ist. Alle drei Damen haben noch in Wien die Schule absolviert, bevor die Machtübernahme der Nationalsozialisten im austrofaschistischen Ständestaat den Bildungsweg der drei jäh unterbrochen hat. Dank deren Eltern ist die Flucht rechtzeitig geglückt und somit das Überleben und Leben gesichert worden.
1.5. "Schule der Form - Meisterklassen zur Vokal- und Kammermusik des Komponisten Viktor Ullmann mit einem Exkurs zur künstlerischen Produktion des kriegsinvaliden Pianisten Paul Wittgenstein" Jerusalem (7.Dezember - 14.Dezember 2018)
Dem aufmerksamen Leser und Zuhörer wird es nicht entgangen sein, dass eine musikalische Nummer in Viktor Ullmanns Anti-Kriegsoper "Der Kaiser von Atlantis oder Die Tod-Verweigerung" den Kriegsinvaliden gewidmet ist. Nach den musikalischen Nummern Nr. VIII bis Nr. XII im "Kaiserpalast" und auf dem "Schlachtfeld", in denen Ullmann in Libretto und in künstlerisch grandioser Ausformung die zwölfte und letzte Isonzoschlacht abbildet, erhält die folgende Nr. XIII., das Tanz-Intermezzo mit "Die lebenden Toten" von Ullmann einen programmatischen Titel. Denn als lebende Tote sind im Ersten Weltkrieg Kriegsinvalide im Allgemeinen und im Speziellen vor allem jene Kriegsinvaliden bezeichnet worden, die als "Kriegszitterer" bekannt geworden sind, also Menschen, die im Krieg psychisch derart deformiert worden sind, dass sie entweder unter einem Posttraumatischen Belastungssyndrom oder einer Posttraumatischen Belastungsreaktion leiden, beides sind heute anerkannte psychische Krankheiten, das ist zur Zeit des Ersten Weltkrieges noch nicht der Fall gewesen. Als Folge einer lebensgefährlichen Verschüttung an der Isonzofront ist der österreichische Maler Sebastian Isepp einer solchen Erkrankung ausgesetzt gewesen
Kriegsinvalid geworden ist im Ersten Weltkrieg der Pianist Paul Wittgenstein. Bei Kämpfen an der Ostfront wird er im Herbst 1914 derart schwer verletzt, so dass sein rechter Arm amputiert werden musste. Als einarmiger Pianist gelingt es ihm jedoch, seine Karriere fortzusetzen, für ihn haben Komponisten eigene Werke für die linke Hand geschrieben.
Die Situation dieser Kriegsinvaliden hat Hanns Eisler in seiner "Ballade von der Krüppelgarde" vertont, dort heißt es programmatisch in der ersten Strophe: "Wir sind die Krüppelgarde, die schönste Garde der Welt; wir zählen fast eine Milliarde, wenn man die Toten mitzählt." Den Text hat David Robert Winterfeld verfasst unter dem Pseudonym David Weber, er ist unter einem anderen Pseudonym, nämlich Robert Gilbert, besser bekannt. Besonders klar und drastisch hat Ernst Friedrich in seinem Buch "Krieg dem Kriege!" und in seinem Anti-Kriegsmuseum in Berlin auch die Situation der Kriegsinvaliden dargestellt
Das ist der programmatische Ansatz für das Projekt "Schule der Form", das in der Form von Meisterklassen sich mit dem Vokalwerk und dem kammermusikalischen Werk von Viktor Ullmann auseinandersetzt. Ein thematischer Schwerpunkt ist dabei zusätzlich der künstlerischen Arbeit des einarmigen Pianisten Paul Wittgenstein gewidmet.
Über die "Schule der Form" hat Viktor Ullmann in seinen im Konzentrationslager Theresienstadt verfassten Essay "Goethe und Ghetto" programmatisch geschrieben: "Theresienstadt war und ist für mich Schule der Form. Früher, wo man Wucht und Last des stofflichen Lebens nicht fühlte, weil der Komfort, diese Magie der Zivilisation, sie verdrängte, war es leicht, die schöne Form zu schaffen. Hier, wo man auch im täglichen Leben den Stoff durch die Form zu überwinden hat, wo alles Musische in vollem Gegensatz zur Umwelt steht: Hier ist die wahre Meisterschule, wenn man mit Schiller das Geheimnis des Kunstwerks darin sieht: den Stoff durch die Form zu vertilgen - was ja vermutlich die Mission des Menschen überhaupt ist, nicht nur des ästhetischen, sondern auch des ethischen Menschen."
Ausgearbeitet worden ist dieses Programm der Meisterklassen gemeinsam mit em.o.Univ.Prof. Wolfgang Pillinger von der Universität für Musik und darstellende Kunst, denn für die Meisterklassen sind auch auf Vorschlag von Wolfgang Pillinger folgende Künstlerinnen und Künstler ausgewählt worden: für das Vokalwerk Ullmanns ao.Univ.Prof. Therese Lindquist, für das kammermusikalische Werk Ass.Prof. Mag.a Annelie Gahl. Für das künstlerische Schaffen von Paul Wittgenstein und Viktor Ullmann sind zusätzlich Impulsreferate von Prof. Jean-Jaques Van Vlasselaer und em.o.Univ.Prof. Wolfgang Pillinger vorgesehen (Prof. Van Vlasselaer ist Vizepräsident der Waterloo-University in Windsor in Kanada, er ist Sekretär der International Music Critics Association der Sektion für Nordamerika, er ist Musik- und Literaturwissenschaftler; zudem hat er eine eigene Radiosendereihe im NAC - National Arts Centre in Ottawa). Eröffnet wir dieses Meisterklassen-Projekt am 6.Dezember 2018, bis zum 13.Dezember 2018 wird dann mit Studierenden der JAMD - Jerusalem Academy for Music and Dance in Jerusalem gearbeitet.
2. "Viktor Ullmann - Zeuge und Opfer der Apokalypse" - Viktor Ullmanns künstlerisches Schaffen an der Isonzofront im Kriegsjahr 1918 mit Ausstellungen, Vorstellungen und Symposion in Kärnten, Slowenien, Italien; Das Zweijahresprojekt mit dem Goriški Muzej in Grad Kromberk, Nova Gorica, Slowenien „Viktor Ullmann (1898-1944). Zeuge und Opfer der Apokalypse. 1917 und 1944.“
Das Projekt, das vom österreichischen Regisseur Herbert Gantschacher recherchiert und anhand neu gefundener Originaldokumente konzipiert worden ist, spannt mit Gantschachers Konzept den historischen Bogen zwischen dem Ersten, dem sog. „Großen“, und dem Zweiten Weltkrieg und zeigt die Geschicke des österreichisch-jüdischen Komponisten Viktor Ullmann (1898-1944), geb. im polnischen Teschen, in diesem schicksalhaften historischen Zeitabschnitt. Als Einjähriger Freiwilliger wird Ullmann in der 12.Isonzo-Schlacht „Zeuge“ der bis dahin größten europäischen Kriegskatastrophe, im Zweiten Weltkrieg wird er zum „Opfer“ des Holocausts. Den Großteil der Zwischenkriegsjahre verbringt Ullmann als Musiker und Komponist äußerst produktiv in Prag. Als Inhaftierter im Theresienstädter Ghetto (1942-1944) schreibt er insgesamt 23 Werke. Er kann, noch vor dem Transport nach Auschwitz, einen Großteil dieses musikalischen Oeuvres an Mithäftlinge weitergeben, darunter seine heute berühmteste Oper „Der Kaiser von Atlantis oder Die Tod-Verweigerung“.
Und Viktor Ullmann hat eine musikalische Nummer in seiner Anti-Kriegsoper "Der Kaiser von Atlantis oder Die Tod-Verweigerung" den Kriegsinvaliden gewidmet ist. Nach den musikalischen Nummern Nr. VIII bis Nr. XII im "Kaiserpalast" und auf dem "Schlachtfeld", in denen Ullmann in Libretto und in künstlerisch grandioser Ausformung die zwölfte und letzte Isonzoschlacht abbildet, erhält die folgende Nr. XIII., das Tanz-Intermezzo mit "Die lebenden Toten" von Ullmann einen programmatischen Titel. Denn als lebende Tote sind im Ersten Weltkrieg im Allgemeinen Kriegsinvalide und im speziellen jene Kriegsinvaliden bezeichnet worden, die als "Kriegszitterer" bekannt geworden sind, also Menschen, die im Krieg psychisch derart deformiert worden sind, dass sie entweder unter einem Posttraumatischen Belastungssyndrom oder einer Posttraumatischen Belastungsreaktion leiden, beides sind heute anerkannte psychische Krankheiten, das ist zur Zeit des Ersten Weltkrieges noch nicht der Fall gewesen.
Und es gibt noch einen weiteren Bezug von Viktor Ullmann und Kriegsinvaliden schon aus seiner Militärzeit im Frühjahr 1918 in Barcola bei Triest. Der Reinerlös des von Ullmann am Klavier und Josef Szirmai an der Violine gespielten Konzertes vom 23.März 1918 im Narodni Dom in Barcola bei Triest ergeht an die armen Kinder von Barcola und den Invalidenfonds des Festungsartilleriebataillons Nr. 5, zu der auch Ullmanns Batterie Nr. 4 gehört.
Die Jahre 2018 und 2019 sind auch besondere Gedenkjahre für den Komponisten Viktor Ullmann. 2018 jährt sich sein 120.Geburtstag (geboren am 1.1.1898 in Teschen), 2019 jährt sich sein 75.Todestag (ermordet am 18.Oktober 1944 im NS-Vernichtungslage Auschwitz mit Giftgas).
Die Konferenz "Topoi der Belagerung" an der Philosophischen Fakultät der Universität Sarajevo setzt sich mit dem Thema der Korrespondenz zwischen Theresienstadt und Sarajevo sowohl im Ersten als auch Zweiten Weltkrieg auseinander und beschäftigt sich unter anderem mit dem künstlerischen Werk von Viktor Ullmann und dem Schaffen des bosnischen Dichters Dževad Karahasan.
Das Projekt "Der Krieg ist aus?" ist Teil des fünfjährigen Projektes "Krieg=daDa 2014-2019" und setzt sich im Jahr 2018 mit Viktor Ullmanns künstlerischem Schaffen an der Isonzofront im Kriegsjahr 1918 auseinander mit Ausstellungen am Klagenfurter Hauptbahnhof ("Viktor Ullmann als Artilleriebeobachter und Musikoffizier an der Isonzofront"), der Klosterruine Arnoldstein ("Verspielte Demokratie?") Vorstellungen und Konzerten am Klagenfurter Hauptbahnhof (Viktor Ullmann "Lieder im Krieg" und "Der Krieg ist aus, das sagst du so mit Stolz, nur dieser Krieg, nur dieser Krieg ist aus. Der letzte?"), Stationentheater in Kärnten, Slowenien und Italien (Stationentheater IV „Schwarze, kreisrunde, scheußliche Scheiben“ mit Gedichten und Texten von Giuseppe Ungaretti, Andreas Latzko, Paul Scheerbart und August Stramm in Bohinj Bistrica, Podbrdo, Grahovo, Bovec, Lepena, Tunnel am Vršič-Pass und russische Kapelle am Vršič-Pass + Stationentheater VI "Glanzgesang - Plakat - Petropolis" mit Gedichten und Plakaten von Ernst Wilhelm Lotz, Wladimir Majakowski und Ossip Mandelstam auf Kote 89 in Duino-Aurisina / Devin-Nabrežina, Barcola Riviera bei Triest und Hafen von Triest + Stationentheater VII "Doppelt gebeugt" mit Szenen, Gedichten und Texten von Georg Trakl, August Stramm, Wladimir Majakowski, Giuseppe Ungaretti, Maurice Maeterlinck und Dalton Trumbo vom Plöckenpass zur Maschinengewehrnase am Fuße des Kleinen Pals, zum Karnischen Höhenweg, der ehemalige Kriegs- und Versorgungsstraße im Ersten Weltkrieg, zum Fuße des Cellon und weiter zur Valentinalm) sowie dem Symposium "Im Kriege ist alles unklar - Folgenreiche Katastrophenpolitik" auf der Klosterruine Arnoldstein (mit Dr. Irene Suchy, Oberst Georg Rosenzopf, Prof. Jean-Jaques Van Vlasselaer, Univ.Doz. Dr. Marko Klavora, ao.Univ.Prof. Dr. Gerold Holzer, o.Univ.Prof. Dr. Werner Delanoy, Dr. Hubert Steiner, Mag. Herbert Gantschacher Wolfgang Rausch).
Siehe auch die Homepage: http://dada.arbos.at/index.php?article_id=81&clang=0&clang=0 und http://dada.arbos.at/index.php?article_id=89&clang=0)
Das Projekt "Viktor Ullmann (1898-1944). Zeuge und Opfer der Apokalypse. 1917 und 1944. (von den Kriegserfahrungen am Isonzo zur Anti-Kriegsoper 'Der Kaiser von Atlantis oder Die Tod-Verweigerung' nach 27 Jahren Arbeiten mit dem Stoff fertiggestellt im Konzentrationslager Theresienstadt 1944)" wird als Zweijahresprojekt in Zusammenarbeit mit dem Goriški Muzej in Grad Kromberk in Nova Gorica in Slowenien umgesetzt. Dabei werden die beiden Gedenkjahre zu Viktor Ullmann Teil des Programm, nämlich der 120.Geburtstag im Jahr 2018 und der 75.Todestag im Jahr 2019 mit dem Tag Ermordung im NS-Vernichtungslager Auschwitz durch Giftgas, dem 18.Oktober 2019, an diesem Tag endet auch das Projekt. Ullmann hat sich in seiner künstlerischen Arbeit auch mit Kriegsinvalidität beschäftigt und den Kriegsinvaliden mit der Nr. XIII "Die lebenden Toten" in seiner Anti-Kriegsoper "Der Kaiser von Atlantis oder Die Tod-Verweigerung" eine Art musikalisches Denkmal gesetzt. Tod und Vernichtung im Krieg hatte ja Ullmann schon im Ersten Weltkrieg an der Isonzofront kennengelernt. Und im Gespräch mit Herbert Thomas Mandl sagte er Jahre später im Konzentrationslager Theresienstadt: "Die Freiheit hat ihren Preis. In diesem Krieg werden unersetzliche Werte vernichtet. Kein Goetheanum der Zukunft vermag die bei Fliegerangriffen zerstörten Kathedralen zu ersetzen." An diesen Tatsachen hat sich bis heute nichts verändert.
2.2. "Der Krieg ist aus?" - Viktor Ullmanns künstlerisches Schaffen an der Isonzofront im Kriegsjahr 1918 mit Ausstellungen, Vorstellungen und Symposion in Kärnten, Slowenien, Italien als Teil des fünfjährigen Projektes "Krieg=daDa 2014-2019" (28.Juli - 1.September 2018)
Im Zentrum des Projektes "Krieg=daDa 2014-2019" steht das künstlerische Schaffen des Komponisten, Musikers, Literaten und Musikschriftstellers Viktor Ullmann.
Das Projektjahr 2018 mit dem programmatischen Titel "Der Krieg ist aus?" setzt sich eben im Jahr 2018 mit Viktor Ullmanns künstlerischem Schaffen an der Isonzofront im Kriegsjahr 1918 auseinander. Vermittelt wird dies mit Ausstellungen, Vorstellungen, szenischen Konzerten und einem Symposion.
Ausstellungen mit neuen Originaldokumenten und Archivalien aus dem Haus-, Hof- und Staatsarchiv in Wien, der Staatsbibliothek zu Berlin und dem Österreichischen Staatsarchiv gibt es zu sehen am Klagenfurter Hauptbahnhof ("Viktor Ullmann als Artilleriebeobachter und Musikoffizier an der Isonzofront"), der Klosterruine Arnoldstein ("Verspielte Demokratie?") Vorstellungen und Konzerten am Klagenfurter Hauptbahnhof (Viktor Ullmann "Lieder im Krieg" und "Der Krieg ist aus, das sagst du so mit Stolz, nur dieser Krieg, nur dieser Krieg ist aus. Der letzte?"), Stationentheater in Kärnten, Slowenien und Italien (Stationentheater IV „Schwarze, kreisrunde, scheußliche Scheiben“ mit Gedichten und Texten von Giuseppe Ungaretti, Andreas Latzko, Paul Scheerbart, Francesco Cangiullo und August Stramm in Bohinj Bistrica, Podbrdo, Grahovo, Bovec, Lepena, Tunnel am Vršič-Pass und russische Kapelle am Vršič-Pass + Stationentheater VI "Glanzgesang - Plakat - Petropolis" mit Gedichten und Plakaten von Ernst Wilhelm Lotz, Wladimir Majakowski und Ossip Mandelstam auf Kote 89 in Duino-Aurisina / Devin-Nabrežina, Barcola Riviera bei Triest und Hafen von Triest + Stationentheater VII "Doppelt gebeugt" mit Szenen, Gedichten und Texten von Georg Trakl, August Stramm, Guillaume Apollinaire, Wladimir Majakowski, Giuseppe Ungaretti, Maurice Maeterlinck und Dalton Trumbo vom Plöckenpass zur Maschinengewehrnase am Fuße des Kleinen Pals, zum Karnischen Höhenweg, der ehemalige Kriegs- und Versorgungsstraße im Ersten Weltkrieg, zum Fuße des Cellon und weiter zur Valentinalm.) sowie dem Symposium "Im Kriege ist alles unklar - Folgenreiche Katastrophenpolitik" auf der Klosterruine Arnoldstein (mit Dr. Irene Suchy, Oberst Georg Rosenzopf, Prof. Jean-Jaques Van Vlasselaer, Univ.Doz. Dr. Marko Klavora, ao.Univ.Prof. Dr. Gerold Holzer, o.Univ.Prof. Dr. Werner Delanoy, Dr. Hubert Steiner, Mag. Herbert Gantschacher, Wolfgang Rausch).
Das Programm
VILLACH Hauptbahnhof - ARNOLDSTEIN Klosterruine - BOHINJ BISTRICA Bahnhof - PODBRDO Bahnhof - GRAHOVO Kote 900 - BOVEC Straßensenke in Richtung Čezsoča - LEPENA Dom Klementa Jug (ehemaliges Offizierskasino) - TUNNEL am Vršič-Pass - RUSSISCHE KAPELLE am Vršič-Pass (Slowenien)
Samstag 28.Juli 2018, 7.30 Uhr (Abfahrt Villach Hauptbahnhof) und 8.00 Uhr (Zustieg Klosterruine Arnoldstein)
Stationentheater IV „Schwarze, kreisrunde, scheußliche Scheiben“ auf den Spuren von Viktor Ullmann und Maximilian Ullmann sowie Kaiser Karl I. und König Karl IV. in der Historiographie und Geographie rund um die zwölfte und letzte Isonzoschlacht mit Gedichten und Texten von Giuseppe Ungaretti "Wache", Andreas Latzko "Schwarze, kreisrunde, scheußliche Scheiben", Paul Scheerbart. "Kriegstheater", Francesco Cangiullo "Detonation" und August Stramm "Sturmangriff" und "Kriegsgrab" mit Werner Mössler, Markus Rupert und Herbert Gantschacher
Viktor Ullmann ist während der zwölften Isonzoschlacht als Artilleriebeobachter bei Škoda 38cm-Haubitze Batterie Nr. 4 / Bataillon Nr. 5 und wird so zum Augenzeugen des Gasangriffs auf die Kavernen der italienischen Stellungen in der Straßensenke in Richtung Čezsoča am 24.Oktober 1917 um 2.00 Uhr in der Früh, mit dem diese letzte Schlacht am Fluss Isonzo begonnen worden ist. Ein Rohrkrepierer der 38cm-Haubitze beendet dann Teilnahme der Batterie Nr. 4 an der Schlacht und am Vormarsch, der über den Fluss Tagliamento (dem ursprünglichen Kriegsziel) bis über den Fluss Piave, bis an den Fluss Brenta, bis 14 Kilometer vor die Hafeneinfahrt von Venedig führt. Im Laufe des Dezember 1918 wird die Frontlinie sich am Fluss Piave verfestigen. Dabei spielt das Wetter eine entscheidende Rolle. Im Oktober 1917 ist schon Schnee gefallen in den Julischen Alpen und in den Tälern hat es während des Beginns dieser letzten Isonzoschlacht geregnet. Wetter und der Einsatz von Giftgas haben das Kriegsglück auf die Seite der k.u.k. Wehrmacht gebracht, deren Oberbefehlshaber Kaiser Karl I. und König Karl IV. persönlich schon vor Beginn der zwölften Isonzoschlacht an der Frontlinie gewesen ist. Nachdem sein Hofzug am 22.Oktober 1917 im Bahnhof von Laibach / Ljubljana für unerwünscht erklärt worden ist, wird dieser nach Bohinj Bistrica gebracht und im Tunnel zwischen Bohinj Bistrica und Podbrdo versteckt. Von dort ist es für den kaiserlich und königlichen Oberbefehlshaber Karl nur mehr ein kurzer Weg bis zu seinem Beobachtungsstand südlich des Bahnhofs von Grahovo, der mit dem Auto per Schiene und Straße erreichbar ist. Von dort geht es mit Auto auf die Kote 900, von dort aus beobachtet er den Beginn der zwölften Isonzoschlacht, ab Mitternacht ist er dort, um dann am 24.Oktober ab 2.00 Uhr den Schlachtverlauf persönlich zu verfolgen. Für die Sicherheit von Kaiser Karl I. und König Karl IV. verantwortlich ist Oberst Maximilian Ullmann, der Vater von Viktor Ullmann, er wird seinen Vater vor und nach der Schlacht besuchen. Diese persönlichen Kriegserlebnisse wird Ullmann nach 27 Jahren Arbeit am Stoff von 1917 bis 1944 künstlerisch in der Anti-Kriegsoper "Der Kaiser von Atlantis oder Die Tod-Verweigerung" verarbeiten, die Ullmann im Konzentrationslager Theresienstadt fertig stellen wird.
KLAGENFURT Hauptbahnhof
Freitag, 3.August, 20.00 Uhr
Eröffnung der Ausstellung "Viktor Ullmann als Artilleriebeobachter und Musikoffizier an der Isonzofront" erforscht, recherchiert und kuratiert von Herbert Gantschacher
Viktor Ullmann hat während seiner Tätigkeit als Artilleriebeobachter und Musikoffizier für die Freizeitgestaltung an 45 Kompositionen gearbeitet. Dies geht aus den Briefen hervor, die Ullmann von der Front an seine Freundin Anny Wottitz nach Wien schreibt. In dieser Ausstellung wird Ullmanns Wirken als Pianist, Komponist und Dirigent an der Artillerieschießschule in Hajmáskér bei Veszprém, an der Front im oberen Isonzotal und in Barcola Riviera bei Triest mit Konzertprogrammen für den Konzertsaal des Narodni Dom in Barcola und die Ortskirche in Barcola gewürdigt. Zudem werden alle 45 Kompositionen und die erhaltenen Originaldokumente und Archivalien erstmals der Öffentlichkeit präsentiert. Zudem wird dem Publikum auch die Funktion und die Aufgabe von Ullmann in der Freizeitgestaltung im Ersten Weltkrieg und Ullmanns Tätigkeit in der Freizeitgestaltung während des Zweiten Weltkriegs im Konzentrationslager Theresienstadt näher gebracht. Die Ausstellung wird von Landeshauptmann Peter Kaiser und Landtagspräsident Reinhart Rohr eröffnet werden.
KLAGENFURT Hauptbahnhof
Freitag, 3.August, 20.20 Uhr
Konzert "Lieder im Krieg" von Viktor Ullmann, rekonstruiert, bearbeitet und weiterkomponiert von Wolfgang Pillinger Sonja Mitterer (Sopran), Petra Pirolt (Alt) und Bernhard Wolfsgruber (Tenor)
Anhand des von Herbert Gantschacher erforschten und recherchierten Materials ist nun ein Konzertprogramm erstellt worden, in dem nun nur Musik von Viktor Ullmann aus dem Ersten Weltkrieg erklingen wird. Dazu gehören die vier komplett erhalten Kompositionen Ullmanns, nämlich die dadaistische Komposition "Präzision, meine Herren, ist die Hauptsache", das Lied "Komm an mein Feuer mein Weib", das Gedicht "Marsch" von Theodor Kramer mit Schlagwerkbegleitung und "Wendla im Garten" nach Frank Wedekind. Rekonstruiert worden sind vom Komponisten Wolfgang Pillinger die Lieder von Viktor Ullmann nach Gedichten von Karl Kraus. Von Wolfgang Pillinger bearbeitet worden sind Ullmanns Lieder nach Gedichten von Else Lasker-Schüler. Und weiterkomponiert worden sind von Wolfgang Pillinger weitere Motive von Viktor Ullmann wie die "Groteske" nach Georg Trakl oder Motive für Kompositionen nach Albert Ehrenstein und Heinrich Mann.
KLAGENFURT Hauptbahnhof - ARNOLDSTEIN Klosterruine - DUINO-AURISINA / DEVIN-NABREŽINA Kote 89 - BARCOLA RIVIERA bei Triest Kirche "San Bartolomeo Apostolo" - TRIEST Hafen (Italien)
Samstag 4.August 2018 7.30 Uhr (Abfahrt Klagenfurt Hauptbahnhof), 8.00 Uhr (Zustieg Villach Hauptbahnhof) und 8.30 Uhr (Zustieg Klosterruine Arnoldstein
Stationentheater VI "Glanzgesang - Plakat - Petropolis" mit Gedichten und Plakaten von Ernst Wilhelm Lotz, Wladimir Majakowski und Ossip Mandelstam gespielt von Werner Mössler und Markus Rupert in Szene gesetzt von Herbert Gantschacher
Nach dem Rohrkrepier der Škoda 38cm Haubitze wird diese selbstfahrend zuerst auf der Straße nach Tarvis / Trvis / Tarvisio verlegt, dort erfolgt dann das Übersetzen der Generatorenwagen und der Transporteinheiten auf Bahngleise. Sämtliche Fahrzeuge einer Škoda 38cm Haubitze können selbständig im dualen Fahrbetrieb sowohl auf Bahngleisen als auch auf der Straße fahren. Auf Bahngleisen geht dann die Fahrt von Tarvis, über Arnoldstein / Podklošter, Auen, Jesenice / Assling nach Grahovo. Ullmann Batterie bleibt dort solange stationiert, bis für die Škoda 38cm Haubitze ein neues Rohr zur Verfügung stehen wird, das dann im Artillerie Reparatur Park 3 in Općina / Opicina bei Triest / Trst / Trieste zur Verfügung stehen wird. Solange wird die Batterie in der Zwischenzeit mit anderen Aufgaben betraut vor allem mit Munitionstransporten, die Ullmann auch nach Cividale führen. Am 8.Dezember 1917 erfolgt die Mitteilung an die Batterie, dass ein neues Rohr für die Škoda 38cm Haubitze bereitgestellt wird. Am 18.Dezember 1917 kommt die Batterie im Selbstfahrbetrieb auf Schienen schließlich im Artilleriepark 3 in Opicina bei Triest an. Viktor Ullmann und die Batterie bezieht ein neues Quartier in Barcola Riviera bei Triest. Viktor Ullmann und die Mannschaft der Batterie erhalten neue Aufgaben, Ullmann wird als Beobachter auf der Kote 89 in Duino-Aurisina / Devin-Nabrežina eingesetzt, von dort aus ist die gesamte obere Adria bis nach Istrien und mit optischen Behelfen sogar bis Venedig einsehbar. Bis zum 25.April 1918 wird Ullmann dort als Beobachter seinen Dienst versehen. Und er wird weiter als Musikoffizier im Rahmen der Freizeitgestaltung tätig sein. Er wird zusammen mit seinem Cousin und Geiger Josef Szirmai Konzerte geben. Von zwei Konzerten, die Ullmann und Szirmai im Narodni Dom in Barcola spielen, haben sich die Plakate erhalten. Am 7.März 1918 wird das so genannte Frontkonzert gegeben mit Viktor Ullmann am Klavier und Josef Szirmai an der Violine, für dieses Konzert bearbeitet Ullmann selbst Mozarts Symphonie in g-moll für Klavier und Violine. Am selben Tag gibt in Triest der Pianist Wilhelm Backhaus ein Konzert, von dem in den Triestiner Tageszeitungen keine Konzertkritik erscheint. Hingegen wird Ullmanns Konzert mit einer Kritik in der slowenisch-sprachigen Tageszeitung von Triest "Edinost" Aufmerksamkeit gewidmet. Diese Kritik ist von Herbert Gantschacher im Laufe der Forschung und Recherche gefunden worden wie auch die Kirche "San Bartolomeo Apostolo", in der Ullmann in Barcola dann auch einige Kirchenkonzerte geben.
Am 23.März 1918 geben Szirmai und Ullmann wieder ein Konzert im Narodni Dom, dabei ist ein Aufdruck am Plakat von Interesse und Bedeutung: "Das Reinerträgnis wird den armen Kindern von Barcola und dem Invalidenfond des Fest. Art. Baons. 5. überwiesen". Auch hier stellt sich wiederum ein Bezug von Viktor Ullmann zu den Kriegsinvaliden her.
Aus dem im Kriegsarchiv in Wien erhalten gebliebenen Grundbuchblatt und der Qualifikationsliste von Viktor Ullmann geht auch noch hervor, dass er im September 1918 zu Truppenübungen am neuen Artillerieschießplatz der neuen Artillerieschießschule in Spilimbergo einberufen wird. Dort kann auch das Radioschiessen geübt werden, weil in Istrago bei Spilimbergo ein Flugplatz errichtet worden ist, damit Flugzeuge und Artillerie auf diesem damals modernsten und größten Übungsplatz der k.u.k. Monarchie gemeinsam den Bombenkrieg üben können. Dieses Gelände ist heute Teil des NATO-Stützpunktes und Militärflughafen von Aviano.
KLAGENFURT Hauptbahnhof
Samstag, 4.August 2018, 20.00 Uhr
Szenisches Konzert "Der Krieg ist aus, das sagst du so mit Stolz, nur dieser Krieg, nur dieser Krieg ist aus. Der letzte?"mit einem Gedicht von Fabjan Hafner zu einer Komposition von Gabriel Lipuš (Österreich), Kompositionen nach Viktor Ullmann und Paul Wittgenstein von Nadir Gottberg (Österreich / Israel), Alexander Radvilovich (Russland), Anna-Lena Laurin (Schweden), Harri Wessmann (Finnland), Tormad Saeverud (Norwegen) und Erik Hojsgaard (Dänemark)
Textinstallation: 1000&
Es spielen und singen: Adi Schober (Schlagwerk), N.N. (Piano) und der Projektchor unter der Leitung von Bernhard Wolfsgruber (Ines Mitterer, Sopran; Petra Pirolt, Alt; Bernhard Wolfsgruber, Tenor; Paul Fercher, Bass).
Dieses szenische Konzert reflektiert im Jahr 2018 in mehrerlei Hinsicht die Situation des Jahres 1918. Im Jahr 1918 ist im November 1918 mit einem Waffenstillstand der Große Krieg beendet worden, am November 1918 erfolgt dann die offizielle Ausrufung der demokratischen Republik Österreich, die damals noch mit den Appendix Deutsch-Österreich verbunden worden ist. Der Komponist Viktor Ullmann hat in seiner Anti-Kriegsoper "Der Kaiser von Atlantis oder Die Tod-Verweigerung" diese Situation im Text des Librettos und musikalisch in der Komposition dargestellt. Diese Situation ist der eine Ausgangspunkt für dieses szenische Konzert. Der andere Ausgangspunkt ist die Situation von Kriegsinvaliden, denn der Erste Weltkrieg hat sozusagen 9,340.000 tote Soldaten und Soldatinnen "produziert" und 21,373.000 Soldaten und Soldatinnen sind kriegsinvalid geworden. An die 7,875.000 Zivilpersonen sind im Ersten Weltkrieg getötet worden, Zahl über zivile Kriegsinvalide aus dem Ersten
Weltkrieg liegen keine vor. Auch aus der k.u.k. Monarchie liegen Zahlen über Toten und Kriegsinvalide vor. An die 1,200.000 Angehörige der k.u.k. Wehrmacht sind im Ersten Weltkrieg getötet worden, an die 3,620.000 Angehörige der k.u.k. Wehrmacht sind im Ersten Weltkrieg kriegsinvalid geworden, an die 2,150.000 Angehörige der k.u.k. Wehrmacht sind im Ersten Weltkrieg Kriegsgefangene gewesen (in dieser Zahl sind auch die vermissten Personen miteinbezogen). 300.000 Zivilpersonen aus der k.u.k. Monarchie sind im Ersten Weltkrieg getötet worden, keine Zahlen liegen über zivile Kriegsinvalide vor.
Und zu den Kriegsinvaliden zählen auch künstlerisch tätige Persönlichkeiten wie der Pianist Paul Wittgenstein. Es ist ein weitgehend unbekanntes Kapitel in der Geschichte des Großen Krieges, nämlich der Austausch von Kriegsinvaliden zwischen Russland, dem Deutschen Reich der Hohenzollern und der Vielfachmonarchie des Erzhauses Habsburg.
Der Krieg im Jahr 1914 begann als ein von Europäischen Mächten lokal begrenzter Konflikt am Balkan im Juli 1914, der dann von den Administrationen der Herrscherhäuser Hohenzollern und Habsburg zu einem Europäischen Krieg gemacht worden ist, wobei hier die Administration am Ballhausplatz in Wien federführend war, weil sie ohne formale Kriegserklärung mit der k.u.k. Wehrmacht ins neutrale Belgien einmarschierte. Somit bewies die Habsburg-Administration in exemplarischer Art und Weise, dass sie kein Interesse daran hatte, dass der Konflikt am Balkan mit Serbien lokalisiert bleibt. Im cisleithanischen Teil der Vielfachmonarchie hatte der Habsburgerherrscher den Ausnahmezustand verfügt und konnte so auch einfach den Krieg verordnen!
In der Kriegshetze und Kriegspropaganda spielte natürlich der Doppelmord von Sarajevo vom 28.Juni 1914 eine Rolle, doch dieses Attentat (ermöglicht unter Mithilfe einer dilettantisch agierenden Bürokratie des Erzhauses Habsburg am bosnischen Schauplatz), hatte mit in Folge mit dem im August 1914 beginnenden Krieg nichts zu tun. Die Propaganda macht uns auch nach hundert Jahren noch glauben, das es so war und ist, doch die Dokumente sprechen eine andere Sprache!
Die Kriegspropaganda sprach auch von einem kurzen erfolgreichen Krieg in den Ländereien der Kriegshetzer und Kriegsverursacher der Hohenzollern und des Erzhauses Habsburg.
Tausende von Menschen gerieten in wechselseitige Gefangenschaft. Unter Vermittlung des Roten Kreuzes und des neutral gebliebenen Schweden wurde zwischen den kriegführenden Parteien Russlands, des deutschen Reiches der Hohenzollern und der Vielfachmonarchie des Erzhauses Habsburg zumindest ein Austausch von Kriegsinvaliden vereinbart, der dann Mitte August 1915 begonnen hat und über die Route der russischen Eisenbahn bis an die fínnisch-schwedische Grenze (Finnland war zu Kriegsbeginn im August 1914 Teil des russischen Reiches) bei Tornio und Haparanda (die schwedische Eisenbahngrenzstation) durch Schweden bis in den schwedischen Eisenbahnfährhafen Trelleborg weiter über die Vogelfluglinie in den Eisenbahnfährhafen Sassnitz auf der Insel Rügen führte. Die Kriegsinvaliden wurden unter Benutzung von Sanitätszügen zurück in das Deutsche Hohenzollernreich und die Habsburgische Vielfachmonarchie geführt.
Zu den ausgetauschten Kriegsinvaliden zählt auch der Pianist Paul Wittgenstein.
Paul Wittgenstein hat 1913 seine Karriere als Konzertpianist begonnen. Im Großen Krieg ist Leutnant Paul Wittgenstein während Kampfhandlungen am 9.August 1914 in russische Kriegsgefangenschaft geraten. Bei den Kämpfen ist sein rechter Arm derart schwer verletzt worden, so dass dieser amputiert werden musste. Am 11.Dezember 1915 ist Paul Wittgenstein im Rahmen des Kriegsinvalidenaustausches über Tornio, Trelleborg, Sassnitz nach Wien zurückgekommen. Für Paul Wittgenstein konnte sogar noch ein Zeitzeuge ausfindig gemacht werden, Michael Jerusalem konnte im Jahr 2014 noch berichten, dass er als junger Gymnasiast und Student in Wien Paul Wittgenstein begegnet ist und sehr beeindruckt war sowohl von der Person als auch den Künstler Wittgenstein, dass dieser als einarmiger Pianist derart beeindruckend Konzerte mit der linken Hand allein spielen konnte. Michael Jerusalem ist der Enkelsohn des Wiener Philosophen, Pazifisten und Reformpädagogen Wilhelm Jerusalem.
Viktor Ullmann selbst hat als Musikoffizier in der Freizeitgestaltung im Ersten Weltkrieg den Reinerlös seines Konzertes vom 23.März 1918 armen Kindern und Kriegsinvaliden zur Verfügung gestellt und in seiner Oper "Der Kaiser von Atlantis oder Die Tod-Verweigerung" mit der Nr. XIII. "Die lebenden Toten" ein musikalisches Denkmal gesetzt.
Somit werden in diesem szenischen Konzert zwei Situationen musikalisch künstlerisch reflektiert, einerseits das Kriegsende im Jahr 1918 und die Situation von Kriegsinvaliden wie eben beispielsweise Paul Wittgenstein.
Darauf nimmt auch die künstlerisch-musikalische Besetzung Bedacht. Denn die Kompositionen für Klavier werden nur für die linke Hand geschrieben. Und das Schlagwerk wird auf die kleine Trommel bewusst reduziert, weil diese Trommel als das Hauptkommunikationselement im Exerzierreglement der k.u.k. Wehrmacht im Ersten Weltkrieg verwendet worden ist.
ARNOLDSTEIN Klosterruine
Sonntag, 5.August 2018, 9.00 Uhr
"Verspielte Demokratie?" eine Ausstellung kuratiert von Herbert Gantschacher
1917 verschwindet mit der russischen Zarendynastie der Romanows das erste Herrscherhaus von der politischen Bühne Europas. Diesem Verschwinden sind dann 1918 das Erzhaus Habsburg, das Haus der Hohenzollern und die Dynastie der Osmanen nachgefolgt.
1919 beginnen Friedensverhandlungen in Paris, die mehrmals am Rande des Abbruchs standen. Zwei große Weltmächte werden die Pariser Vororteverträge nicht unterzeichnen, China und die Vereinigten Staaten.
In einem Positionspapier von 1919 sagt der US-amerikanische Außenminister Robert Lansing: „Nationalismus muss unter allen Umständen erhalten bleiben“. Doch genau dieser Nationalismus wird einer der Keime für den Versuch der Ergebniskorrektur der Pariser Vororteverträge von 1919 werden. Die berühmten „14 Punkte“ des US-Präsidenten Woodrow Wilson sind nie Teil des Völkerrechts geworden.
Ist die Chance zur Demokratisierung genutzt worden?
Der Große Krieg hat die politische Landkarte Europas nachhaltig verändert. An die Stelle gekrönter Häupter, die auch Vielfachträger von unterschiedlichsten Kronen und Titeln waren, treten neue Repräsentanten.
Die Strukturen der politischen Veränderungen als Ergebnis des Großen Krieges sind für Europa prägend.
Doch die Karten Europas werden sich im Lauf des 20. Jahrhunderts noch mehrmals nachhaltig ändern.
Diese Ausstellung reflektiert die Situation der verspielten Demokratie im Kontext mit politischen Landkarten Europas im Jahrhundertvergleich.
ARNOLDSTEIN Klosterruine
Sonntag, 5.August 2018, 9.30 Uhr
"Das Prinzip Gabriel in Theresienstadt"
Eine interdisziplinäre Installation von Burgis Paier nach einem Text von Dževad Karahasan
Im Jahr 2018 jährt sich auch der 100. Todestag von Gavrilo Princip, dem Doppelmörder vom 28.Juni 1914 in Sarajevo
Die bildende Künstlerin Burgis Paier gestaltet nach einem Text des Dichters Dževad Karahasan über Gavrilo Princip eine szenische Installation des Textes mit Puppen und Figuren. Dabei werden die Puppen und Figuren aus dem Kontext des Theresienstädter Militär-Hochsicherheitsgefängnis der Jahre 1914 bis 1918 in einen zeitgenössischen Kontext für das Jahr 2018 gestellt.
Gavrilo Princip, Nedeljko Čabrinović und Trifko Grabež sind nach dem Doppelmord von Sarajevo im Oktober 1914 zu lebenslanger Haft verurteilt worden, Princip war zur Tatzeit am 28.Juni 1914 noch minderjährig gewesen. Die Haft verbringen sie im k.u.k. militärischen Hochsicherheitsgefängnis von Theresienstadt in Einzelzellen in Dunkelhaft, Gavrilo Princip ist zu Haftbeginn in seiner Zelle noch zusätzlich angekettet.
Martin Pappenheim war Militärpsychiater der k.u.k. Wehrmacht und war 1916 im k.u.k. Hochsicherheitsgefängnis von Theresienstadt für den Gesundheitszustand von Gavrilo Princip verantwortlich.
Im Zuge dieser Arbeit verfasste Pappenheim einige Texte über Gavrilo Princip und erhielt von diesem auch einige schriftliche Aufzeichnungen. Zwei dieser Briefe haben sich in einem Büchlein mit dem Titel "Gavrilo Princips Bekenntnisse" erhalten. Das Büchlein erschien 1926 in Wien. In der Österreichischen Nationalbibliothek sollte sich ein Büchlein laut Katalog erhalten haben, doch dieses ist verschwunden. Durch Glück ist das Büchlein jedoch als Mikrofilm erhalten geblieben.
Nedeljko Čabrinović in Theresienstadt am 23.Jänner 1916, Trifko Grabež ebendort am 21.Oktober 1916 und Gavrilo Princip am 28.April 1918, die Todesursache bei allen drei war Tuberkulose, das war den Haftbedingungen in Theresienstadt geschuldet.
ARNOLDSTEIN Klosterruine
5.August 2018, 10.00 Uhr - 13.00 Uhr, 14.00 Uhr - 19.00 Uhr,
Symposium
"Im Kriege ist alles unklar - Folgenreiche Katastrophenpolitik"
mit Dr. Irene Suchy, Oberst Georg Rosenzopf, Prof. Jean-Jaques Van Vlasselaer, Univ.Doz. Dr. Marko Klavora, ao.Univ.Prof. Dr. Gerold Holzer, o.Univ.Prof. Dr. Werner Delanoy, Dr. Hubert Steiner, Mag. Herbert Gantschacher, Wolfgang Rausch
Am 3.März 1918 unterzeichnen die Zentralmächte der Habsburgischen Vielfachmonarchie und des Hauses Hohenzollern in Brest-Litowsk den Separatfrieden mit dem nun von den Bolschewisten regierten ehemals zaristischen Reich. Als erste Dynastie ist 1918 die Dynastie der russischen Zaren aus dem Hause Romanow von der politischen Landkarte verschwunden. Die Zentralmächte und ihre Verbündeten haben aber den ersten Teil der Eroberung von Lebensraum im Osten erreicht. In Odessa marschieren Truppen der k.u.k. Wehrmacht ein Selbst in Helsinki ist eine Abordnung von
Offizieren der k.u.k. Wehrmacht beim Einmarsch des früher zaristischen nun finnischen Generals Mannerheim in der finnischen Hauptstadt dabei. Und das Erzhaus Habsburg plant auch die politische Eroberung der Ukraine, Wilhelm Franz aus dem Erzhaus Habsburg soll der neue König der Ukraine werden, ähnliche Pläne verfolgt das Haus der Hohenzollern mit Finnland.
Der Kriegseintritt der Vereinigten Staaten auf der Seite der verbliebenen Ententemächte Frankreich und Großbritannien wird jedoch den weiteren politischen und militärischen Verlauf des Großen Krieges entscheiden auch deshalb, weil der Präsident der Vereinigten Staaten, Woodrow Wilson, das politische – nicht völkerrechtliche – Konzept des Selbstbestimmungsrechts der Völker vertritt. Und zu einem Separatfrieden mit der Habsburgischen Vielfachmonarchie sind die Vereinigten Staaten ja nur unter der Bedingung bereit, dass die Administration des Erzhauses Habsburg für den völkerrechtswidrigen Einmarsch der k.u.k. Wehrmacht in Belgien die völkerrechtliche Verantwortung übernimmt und dafür Kompensation leistet. Diesbezügliche Verhandlungen werden über das neutrale Schweden von der Seite der Administration des Erzhauses Habsburg geführt, die Vereinigten Staaten führen die Korrespondenz mit der Administration in Wien nur über das Wolffsche Telegraphenbüro. Da das Erzhaus Habsburg für den völkerrechtswidrigen Einmarsch in Belgien keinerlei Verantwortung übernehmen will, ist auch der Weg in einen Separatfrieden auf politischem Weg für den Friedenskaiser Karl I. und Friedenskönig Karl IV. nicht mehr möglich. Und militärisch sind die Zentralmächte im November 1918 auch am Ende, so dass der Außenminister der Vereinigten Staaten, Robert Lansing folgendes Telegramm verschicken lässt: „Telegramm BL 60 7 NOV 18 PRENNER allied governments feel that no doubt ought to be allowed to exist as to what this provision implies for all the damage done to the civilian population of the allies and their property by the aggression of germany by land by sea and from the air note continues as follows I am instructed by the president to say that he set forth in the last paragraph of the memorandum quoted is in agreement with the interpretation above I am further instructed by the president to request you to notion the german government of the united states and the allied governments and to communicate to them the terms of the armistice robert lansing anfuehrungszeichen = calice +”
Nun verschwinden auch das Erzhaus Habsburg, das HHaus der Hohenzollern, das bulgarische Zarengeschlecht der Sachsencoburggothaski – aus dem Namen ist schon ersichtlich, dass das bulgarische Kaiserhaus eine Erfindung des Deutschen Reiches Hollenzollernscher Prägung war, die Dynastie der Osmanen verschwindet ebenso von der politischen Weltkarte. Die Beschäftigung mit diesem Thema erfolgt nun aus militärischer, medizinischer, literaturwissenschaftlicher, musikalischer und feministischer Sicht sowie aus der Sicht der Geschichtswissenschaften verbunden mit einer Medienanalyse der Monate Oktober, November und Dezember 1918.
Oberst Georg Rosenzopf "Die Auflösung und das Auflösen einer Armee", Univ.Prof. Dr. Gerold Holzer "Kriegszitterer - das posttraumatische Belastungssyndrom (PTBS) und die posttraumatische Belastungsreaktion - Kriegsinvalidität und Orthopädie" Prof. Jean-Jacques Van Vlasselaer "Das Kriegsende 1918 in musikalischer und literarischer Sicht", Univ.-Doz. Dr. Marko Klavora "Flüchtlinge", Dr. Hubert Steiner "Das Jahr 1918 in Kärnten", Univ.-Prof. Dr. Werner Delanoy "Die Musik zum Kriegsende im englischsprachigen Raum", Mag. Herbert Gantschacher "Das Jüdische Kriegsarchiv", Wolfgang Rausch "Presseberichte aus den Monaten Oktober, November und Dezember 1918 im Spiegel der Kleinen Zeitung".
ARNOLDSTEIN Klosterruine
5.August 2018, 20.00 Uhr
"Wolfgang Borcherts 'Beckmann' und Ernst Tollers 'Hinkemann'" Szenen, Lieder, Visuelles Theater
Zwei Dramen, in denen sich die Situationen von zurückkehrenden Soldaten und Kriegsinvaliden von der Front und aus Kriegsgefangenschaft nach den Weltkriegen widerspiegeln, der Hinkemann von Ernst Toller (1893-1939), der wortwörtlich ein Kriegsinvalide ist, und der hinkende Beckmann von Wolfgang Borchert (1921-1947), der physisch und psychisch ein verlassenes Wrack des Krieges ist.
PASSO DI MONTE CROCE CARNICO / PLÖCKENPASS - KLEINER PAL - KARNISCHER HÖHENWEG - CELLON - VALENTINALM in Kötschach-Mauthen
1.September 2018, 10.00 Uhr und 16.00 Uhr
Stationentheater VII "Doppelt gebeugt" mit Szenen, Gedichten und Texten von Georg Trakl, August Stramm, Wladimir Majakowski, Giuseppe Ungaretti, Maurice Maeterlinck und Dalton Trumbo
vom Plöckenpass zur Maschinengewehrnase am Fuße des Kleinen Pals, zum Karnischen Höhenweg, der ehemalige Kriegs- und Versorgungsstraße im Ersten Weltkrieg, zum Fuße des Cellon und weiter zur Valentinalm.
Es spielen Werner Mössler und Markus Rupert in Szene gesetzt von Herbert Gantschacher
mit Musik von Hans und Werner Delanoy
Dieses Stationentheater ereignet sich am Weg vom Passo di Monte Croce Carnico / Plöckenpass bis zur Valentinalm entlang der früheren Frontlinie im Ersten Weltkrieg am Karnischen Höhenweg, der ursprünglich gebaut als Kriegs- und Versorgungsstraße diente. Und noch drei geschichtliche Aspekte sind an dieser ehemaligen Frontlinie bemerkenswert, denn auf der italienischen Seite der Front ist der Feldkaplan Giuseppe Roncalli tätig gewesen, der spätere Papst Johannes XXIII., und an der Frontlinie der k.u.k. Wehrmacht in den Karnischen Alpen hat der Unteroffizier Karol Wojtyla seinen Militärdienst versehen und natürlich auch gekämpfte (also auch geschossen und getötet), das ist der Vater des späteren Papstes Johannes Paul II.; vom Feldkaplan Giuseppe Roncalli sind Fotos von der karnisch-italienischen Front erhalten, über Karol Wojtylas Kriegsdienst hat sich zunächst nur eine Art mündliche Geschichte überliefert, die dann in den neunziger Jahren vom Sohn als dem Papst Johannes Paul II. persönlich bestätigt worden ist, er hat dann dem Museum in Tischlbong / Timau ein Foto übermittelt, dort finden sich auch die Fotos von Giuseppe Roncalli. Und ein zweiter Aspekt ist bemerkenswert, Frauen aus Tischlbong haben mit Tragkörben für die Versorgung der italienischen Soldaten mit Waffen, Munition und auch Nahrungsmitteln gesorgt, die so genannten "Portatrici". Und der dritte Aspekt betrifft die Berichterstattung in der Tagespresse, die dabei auch auf offizielle Pressemeldungen des Armee-Oberkommandos zurückgreifen konnte. So heißt es in de Ausgaben vom 4.August 1915 im "Neues Feldblatt", "Neues 8 Uhr Blatt" und dem "Neuigkeits-Welt-Blatt" gleichlautend: "An der Kärntner Grenze versuchte der Feind unter dem Schutze dichten Nebels einen Sturmangriff gegen den Cellonkofel (östlich vom Plöcken); sein Unternehmen scheiterte völlig." Daraus wird ersichtlich, dass das Wetter enormen Einfluss auf Kriegshandlungen hat. Und "Die Neue Zeitung" schrieb am 5.August 1915: "Die gegen den Cellonkofel angesetzte italienische Infanterie zog sich, da sie von ihrer eigenen Artillerie beschossen wurde, auf den Westhang der Höhe zurück." Nun das kann man nur schreiben, wenn man die Gegend nicht kennt, denn der Cellon ist ein äußerst steiler Berg, der schwer zu beschießen ist, so sind in diesem Fall Treffer von eigenen Waffen keine Überraschung.
Gespielt werden nun Gedichte und Texte von Dichtern, die selbst im Ersten Weltkrieg aktiv gewesen sind, und nicht alle haben den Krieg überlebt. Dazu zählt der deutsche Dichter August Stramm, einem der Dichter der Avantgarde der modernen Lyrik, er wird am 1.September 1914 an der Ostfront gegen Russland getötet. Stramms Gedicht "Sturmangriff" zeigt drastisch und ohne falsches Pathos die Situation von Soldaten an der Frontlinie. Die Gedichte des österreichischen Dichters Georg Trakl aus dem Großen Krieg zeigen ein drastisches Bild von der Situation im Feld, das Gedicht "Wacht" beschreibt die Situation eines Beobachters an der Front und das Gedicht "Grodek" gibt ein Bild von der Schlacht, die Ende September 1914 eben in Grodek In "wütenden Gefechten" ausgetragen worden ist, wie in der Presse dieses Gemetzel von Augenzeugen charakterisiert worden ist, wie die Zeitung "Böhmerwalds Volksbote" am 8.Oktober 1914 berichtete: "Es muß dies ein wilder Kampf im Walde gewesen fein. Erschossene und erschlagene Soldaten lagen tot im Walde. Gebrochene Gewehre, verlorene Rüstungen und Monturstücke lagen verstreut herum. In einer Scheune befanden sich an dreißig verwundete Russen, die sich in ihren Schmerzen wanden. Auch einige Tote waren dort ... Die Russen beschossen uns, obwohl sie in der Nacht nichts sehen konnten, wie wahnsinnig Kanonen, Maschinengewehre und die Gewehre donnerten und knatterten, die Kugeln sausten, es war eine Nacht, so grauenhaft, wie man sichs gar nicht vorstellen kann." Trakl selbst hat an dieser Schlacht als Militärapotheker teilgenommen, er musste allein und ohne genügend Sanitätsmaterial an die einhundert Schwerverletzte versorgen. Schon vor Beginn der Schlacht verfiel Trakl in eine tiefe Depression, denn nach dem Zeugnis seiner Vorgesetzten sind eine halbe Stunde vor Beginn der Gefechte dreizehn Ukrainer wegen vermuteter Spionage auf Bäumen aufgehängt worden. Trakl erlitt einen Nervenzusammenbruch, er wurde in ein Militärspital in Krakau zur Beobachtung eingewiesen (auch heute noch ist dieses ehemalige Militärspital eine Klinik). Nach einer Einnahme einer Überdosis Kokain stirbt Trakl am 3.November 1914 in diesem Militärkrankenhaus. Guillaume Apollinaire hat auch Calligramme geschrieben und gezeichnet, in der er Situationen bildhaft mit Sprache darstellt. Solch ein Calligramm ist "O Maine Victime", das von Herbert Gantschacher ins Deutsche als "O Hand Opfer" übertragen worden ist, dieses Calligramm bezieht sich auf Apollinaire und seinen Militärdienst in der französischen Armee, Apollinaire ist durch einen Granatsplitter derart verletzt worden, dass er an den Spätfolgen dieser Verwundung am 9.November 1918 verstorben ist. Der russische Dichter Wladimir Majakowski beschreibt in seinem "Tagesbefehl an die Kunstarmee" einen Moment des Revolutionsjahres 1917 am Newski-Prospekt in Petrograd. Giuseppe Ungaretti ist auf der italienischen Seite als Soldat an der Front gewesen. In seinem Gedicht "Nachtwache" beschreibt er die Situation von Tod und Überleben an der Front im schneereichen und eiskalten Winter zu Weihnachten 1915. Der belgische Dichter und Literaturnobelpreisträger des Jahres 1911 Maurice Maeterlinck macht sich seine "Gedanken über Sport und Krieg". Diese Texte und Gedichte werden am Weg zur Valentinalm gespielt. Auf der Valentinalm, wird dann Dalton Trumbos "Johnny Got His Gun" gespielt, ein Soldat verliert im Ersten Weltkrieg nach einem Granatenvolltreffer Hände, Beine, Gesicht und Gehör. In der Situation eines taubblinden Kriegsinvaliden gelingt es ihm, mit Hilfe des Morsealphabets mit seiner Umgebung zu kommunizieren. Trumbos Roman und Film folgen dabei einer wahren Geschichte, die sich an der Westfront in Frankreich im Jahr 1918 zugetragen hat. Dazu werden dann auf der Valentin-Alm Hans und Werner Delanoy musizieren und auch Lieder über und aus dem Ersten Weltkrieg spielen, dazu zählt auch das Lied "Telegraph-Dada" über den Großvater der Brüder Delanoy, der Beobachter an der Isonzofront gewesen ist.
2.3. „Viktor Ullmann (1898-1944). Zeuge und Opfer der Apokalypse. 1917 und 1944.“ (von den Kriegserfahrungen am Isonzo zur Anti-Kriegsoper "Der Kaiser von Atlantis oder Die Tod-Verweigerung" nach 27 Jahren Arbeiten mit dem Stoff fertiggestellt im Konzentrationslager Theresienstadt 1944)
Das Viktor Ullmann Projekt im Goriški Muzej, Grad Kromberk, Nova Gorica, Slowenien 23.Oktober 2018 – 18.Oktober 2019 (Eröffnung: 23.Oktober 2018 um 19.00 Uhr im Goriški Muzej, Grad Kromberk, Nova Gorica)
Veranstalter: Goriški Muzej, Grad Kromberk, Nova Gorica (Direktion: Vladimir Peruničič)
Ehrenschutz: Anton Peršak, Kulturminister der Republik Slowenien; Matej Arčon, Bürgermeister der Stadt Nova Gorica
Peter Kaiser, Landeshauptmann des Landes Kärnten in der Republik Österreich; Reinhart Rohr, 1.Präsident des Kärntner Landtages in der Republik Österreich
Partner: Goriški Muzej, Grad Kromberk, Nova Gorica (Direktion: Vladimir Peruničič) und ARBOS - Gesellschaft für Musik und Theater, Klagenfurt-Salzburg-Wien
Autor der Ausstellung „Viktor Ullmann – Zeuge und Opfer der Apokalypse“: Mag.art. Herbert Gantschacher Kurator der Ausstellung: Dr. Marko Klavora
Musiktheaterinszenierungen und Konzerte mit Musik von Viktor Ullmann produziert von ARBOS – Gesellschaft für Musik und Theater für das Goriški Muzej in Nova Gorica
"Der Kaiser von Atlantis oder Die Tod-Verweigerung“
"Lieder aus dem Großen Krieg"
Im Jahr 2018 gedenkt und erinnert die Republik Österreich an ihr 100jähriges Bestehen. Das Goriški Muzej in Nova Gorica beheimatet in der Republik Slowenien, dem Nachbarland der Republik Österreich gedenkt im Jahr 2018 eines großen österreichischen Komponisten, Viktor Ullmann, geboren am 1.Jänner 1898 und dessen 120.Geburtstag, und im Jahr 2019 dem 75.Jahrestag seiner Ermordung am 18.Oktober 1944. Somit gedenken und erinnern Slowenien und Österreich an das künstlerische Werk und das Schicksal dieses großen österreichisch-jüdischen Komponisten, der im Ersten Weltkrieg am 24.Oktober 1917 bei Bovec in der heutigen Republik Slowenien Zeuge des Gasangriffs wird und im Zweiten Weltkrieg mit Giftgas am 18.Oktober 1944 in Auschwitz ermordet wird.
Ein paar Informationen zum historischen Hintergrund: Viktor Ullmann ist in den Jahren 1917 und 1918 als Einjährig Freiwilliger der k.u.k. Wehrmacht an der Isonzofront / Soška fronta als Artilleriebeobachter bei der 38cm Škoda-Haubitze der Batterie Nr. 4 des Bataillons Nr. 5 des Festungs-Artillerie-Regiments Nr. 1 Dienst zugeteilt. Ab dem 30.September 1917 ist Viktor Ullmann mit seiner Batterie in der Nähe der Festung Kluže bei Bovec und erkundet ab dem 3.Oktober 1917 vom Lepenatal aus, einem Seitental des oberen Isonzotals, den Beobachtungsstand für seine Batterie am Kleinen Lipnik / Srednaja Špica (1819m), die Stellung im Lepenatal bezieht die 38cm Škoda-Haubitze Batterie Nr.4 ab dem 18.Oktober 1917, so dass die Batterie am 22.Oktober 1917 einsatzbereit ist, die dann am 24.Oktober 1917 mit einem Gastrommelfeuer um 2 Uhr in der früh beginnt. Die Schlacht selbst beobachtet Kaiser und König Karl persönlich vom Beobachtungsstand Kote 500m südlich von Grahovo ab der Mitternacht des 24.Oktober 1917. Vor und während der 12. und letzten Isonzoschlacht besucht Viktor Ullmann seinen Vater Oberst Maximilian Ullmann im Baza-Tal vor der Schlacht und im Idrija-Tal nach der Schlacht. Oberst Ullmann ist mit seinem Regiment zur Bewachung von Kaiser und König Karl abgestellt, dessen Hofzug im großen Tunnel zwischen Bohinjska Bistrica und Podbrdo sicher eingestellt worden ist. Ein Rohrkrepierer der 38cm Škoda-Haubitze Batterie Nr.4 nach Beginn der Schlacht verhindert einen weiteren Einsatz. Viktor Ullmann wird mit seiner Batterie nach Triest überstellt, die 38cm Škoda-Haubitze kommt nach Opicina in den Artillerie Reparatur Park 3. Ab dem 19. Dezember 1917 bezieht Viktor Ullmann das Quartier in Barcola bei Triest. Vom 20.Dezember 1917 bis 25.April 1918 wird nun Ullmann Dienst als Beobachter auf der Kote 89 zwischen Barcola und Duino versehen, von dort aus ist die gesamte nördliche Adria einsehbar. Im September 1918 wird Ullmann dann noch zu einer Truppenübung auf das Gelände der neuen Artillerieschießschule in Spilimbergo beordert, die später Teil jenes Geländes wird, das dann zum NATO-Flughafen in Aviano gehört.
Die Ausstellung, die vom österreichischen Autor, Regisseur und Produzenten Herbert Gantschacher recherchiert und anhand neu gefundener Originaldokumente konzipiert und textlich verfasst wurde, spannt mit ihrem Konzept den historischen Bogen zwischen dem Ersten, dem sog. „Großen“, und dem Zweiten Weltkrieg und zeigt das Schicksal und künstlerische Schaffen des österreichisch-jüdischen Komponisten Viktor Ullmann (1898-1944), geboren im heutigen polnischen Teschen, in diesem schicksalhaften historischen Zeitabschnitt. Als Einjähriger Freiwilliger wird Ullmann in der 12.Isonzo-Schlacht am 24.Oktober 1917 Augen-„Zeuge“ des Giftgasangriffs und auch der bis dahin größten europäischen Kriegskatastrophe, im Zweiten Weltkrieg wird er als „Opfer“ des Holocausts mit Giftgas am 18.Oktober 1944 in Auschwitz ermordet. Doch Ullmann ist in seiner Militärdienstzeit im Ersten
Weltkrieg nicht nur Artilleriebeobachter bei der 38cm Škoda-Haubitze Batterie Nr.4, er ist auch als Musikoffizier für die Freizeitgestaltung seiner Batterie und seines Bataillons zuständig. Seit Juli 1917 verfügt Viktor Ullmann über eine Kapelle, die in der Besetzung bereits die Größe seiner Oper "Der Kaiser von Atlantis oder Die Tod-Verweigerung hat", Ullmann wird diese Besetzung beibehalten und lediglich zwei Instrumente austauschen, aus dem Flügelhorn wird eine Trompete und aus der Ziehharmonika ein Harmonium (Und die Musik der Abschiedsarie des Kaisers in seiner Oper "Der Kaiser von Atlantis oder Die Tod-Verweigerung" hat Ullmann aus seiner "Symphonischen Phantasie" aus dem Jahr 1925 entnommen. 1925 verwendet Ullmann für dieses Werk einen Text aus der Tragödie "Tantalos" von Felix Braun und komponiert für die Stimmlage eines Tenors; 1944 wird Viktor Ullmann gemeinsam mit Peter Kien zur Melodie einen neuen Text schreiben und aus der Stimmlage des Tenors wird die Stimmlage eines Baritons.). Komplett erhalten sind zwei Konzertprogramme von Viktor Ullmann, die er am 7. und 23.März 1918 für Violine und Klavier in Barcola bei Triest zum Besten gibt. Ullmann selbst spielt am Klavier und das Konzert vom 7.März 1918 wird in der slowenischen Tageszeitung von Triest "Edinost" rezensiert, Ullmanns erste Kritik seiner musikalisch-künstlerischen Tätigkeit erscheint also in slowenischer Sprache. Insgesamt arbeitet Ullmann im Rahmen der "Freizeitgestaltung" im Ersten Weltkrieg an 47 musikalischen Werken.
Zweimal wird der Erste Weltkrieg in Folge Viktor Ullmanns finanzielle Situation und somit auch künstlerische Karriere wesentlich beeinflussen. Am 1.Dezember 1920 wird ihm der Einjährigen-Freiwilligen-Sold ausbezahlt und es erfolgt der Austritt aus dem österreichischen Bundesheer. Dieses kleine Vermögen ermöglicht ihm die Übersiedlung nach Prag und den Beginn seiner musikalischen Karriere.
Den Großteil der Zwischenkriegsjahre verbringt Ullmann als Musiker und Komponist äußerst produktiv in Prag. Und als Alleinerbe seines am 20.März 1938 in Wien verstorbenen Vaters wird er mit diesem ererbten Vermögen in Prag bis zu seiner Inhaftierung als freischaffender Komponist arbeiten.
Viktor Ullmann ist von 1942 bis 1944 Häftling im Konzentrationslager Theresienstadt. Ullmann wird nach einer massiven Beschwerde ("Man tötet unseren Aktivismus durch Totenschweigen") in Theresienstadt im Rahmen der "Freizeitgestaltung" zum Leiter des Studios für Neue Musik. Er arbeitet an insgesamt 23 musikalischen Werken, darunter auch an der Anti-Kriegsoper "Der Kaiser von Atlantis oder Die Tod-Verweigerung", die nach 27 Jahren Beschäftigung mit dem Stoff 1944 fertigstellen wird. Daneben verfasst er auch 26 Kritiken über musikalische Veranstaltungen in Theresienstadt. Um solch ein Pensum zu bewältigen, verfügt Ullmann über reichlich Erfahrung an künstlerischer Arbeit im Rahmen von "Freizeitgestaltung" schon aus dem Ersten Weltkrieg, aus dieser Zeit weiß er auch, wie man Zensur umgehen kann. Und er kann, noch vor dem Transport am 16.Oktober 1944 in das Vernichtungslager Auschwitz, einen Großteil des musikalischen Oeuvres und der verfassten Texte an Mithäftlinge weitergeben, darunter seine heute bekannteste und berühmteste Oper „Der Kaiser von Atlantis oder Die Tod-Verweigerung“, die der kanadische Musikkritiker Prof. Jean-Jacques Van Vlasselaer als die "Dark Magic Flute" des 20.Jahrhunderts bezeichnet. Am 18.Oktober 1944 wird Viktor Ullmann in Auschwitz mit Giftgas ermordet.
Die Ausstellung zeigt anhand neu gefundener Dokumente, dass Ullmanns künstlerisches Schaffen wesentlich von seinen Kriegserfahrungen aus dem Ersten Weltkrieg geprägt wurde. Herbert Gantschachers Ausstellungslibretto (insgesamt 16 Kapitel) beschäftigt sich zunächst mit dem historischen Vorfeld und politischen Ursachen (beginnend mit der Zeit der Aufklärung im 18.Jahrhundert bis zum autoritären Totalitarismus theokratischer Natur der dynastischen Reiche In Europa am Beginn des 20.Jahrhunderts), die in den des Ersten Weltkriegs führten, und dessen Verlauf als „industrialisierter Massenkrieg“ charakterisiert werden kann. Daran folgt die Schilderung der Rolle der Künstler im Kriegsgeschehen im Allgemeinen und speziell in der Kriegspropaganda. Der zweite, zentrale Teil des Ausstellung konzentriert sich auf die Person Viktor Ullmanns (und auch die seines Vaters Maximilian, einem Berufssoldaten, der in vieler Hinsicht seinen Sohn sowohl im positiven als auch negativen beeinflusst hat). Vor allem anhand Ullmanns Briefen von der Front an seine Freundin Anny Wottitz wird das reale Kriegsgeschehen sowohl im privaten als auch militärischen Bereich sowie an der Isonzo-Front 1917 und 1918 sozusagen erlebbar. Ullmanns private und militärische Erlebnisse als die des „Artilleriebeobachters“ und „Musikoffiziers“ können so rekonstruiert werden. Auch wird sein dem Großen Krieg folgendes Leben und kompositorisches Schaffen in den Zwischenkriegsjahren, die er vor allem in der Tschechoslowakei und in Prag verbrachte, bis zu seiner Inhaftierung in Theresienstadt und dem Tod in Auschwitz, dokumentiert.
Schließlich wird eine umfangreiche Analyse der Oper „Der Kaiser von Atlantis oder Die Tod-Verweigerung“ hinsichtlich der Inspirationsquellen, die sowohl textlich als auch musikalisch vorwiegend im Ersten Weltkrieg liegen, unternommen. Der Schluss der Oper "Du sollst den großen Namen Tod nicht eitel beschwören!" als auch die Schlusskapitel der Ausstellung sind den Kriegsfolgen sowie der Antikriegsbewegung im 20. Jahrhundert in Relation zur Ullmanns Oper gewidmet.
Das Projekt „Viktor Ullmann – Zeuge und Opfer der Apokalypse“ präsentiert dem slowenischen Publikum und auch Musikexperten zum ersten Mal den österreichischen Komponisten Viktor Ullmann (ermordet 1944 in Auschwitz) mit einer Ausstellung, die neuesten Forschungsergebnisse über den Komponisten und seine Spuren im Ersten Weltkrieg, die im heutigen Slowenien liegen – seine eigenen Kriegserfahrungen als Artilleriebeobachter finden Niederschlag in seinen Kompositionen wie eben in den Musiktheaterwerken, der Anti-Kriegsoper „Der Kaiser von Atlantis oder Die Tod-Verweigerung“ und dem Melodram „Die Weise von Liebe und Tod des Cornets Christoph Rilke“.
Diese Inhalte werden dem Betrachter vor allem mittels Text- und Bildtafeln (Paneelen) vermittelt. In Nova Gorica werden die neu hergestellten Tafeln mit Texten in Slowenisch sowie kurzen Zusammenfassungen in Englisch, Italienisch und Deutsch sowie mit Kopien ausgewählter Archivdokumente versehen. Diese werden durch einige Originaldokumente sowie dreidimensionale historische Objekte (weitgehend aus dem Besitz des Autors) ergänzt.
Zu der Ausstellung wird ein Katalog in slowenischer Sprache mit Zusammenfassungen in Englisch, Italienisch und Deutsch in der Gesamtauflage von 700 Stück herausgegeben (Herausgeber: Goriški Muzej, Nova Gorica ,Direktion: Vladimir Peruničič).
Das Viktor Ullmann Projekt in Nova Gorica besteht aus der Ausstellung „Viktor Ullmann – Zeuge und Opfer der Apokalypse“ und den Produktionen der Musiktheaterwerke „Der Kaiser von Atlantis oder Die Tod-Verweigerung“ und „Die Weise von Liebe und Tod des Cornets Christoph Rilke“ von Viktor Ullmann in den Originalfassungen des Komponisten sowie vier Liedern von Viktor Ullmann, den drei „Hölderlin-Liedern“ und dem Lied „Wendla im Garten“, dieses Lied ist eine komplett erhaltene Komposition Viktor Ullmanns aus dem Ersten Weltkrieg. Dazu kommt noch das Konzertprogramm "Lieder aus dem Großen Krieg" mit erhaltenen Kompositionen von Viktor Ullmann aus dem Ersten Weltkrieg, rekonstruierten Kompositionen nach den vorliegenden Particells sowie neuen Kompositionen nach erhaltenen musikalischen Motiven Viktor Ullmanns aus dem Ersten Weltkrieg. Die Produktion "Lieder aus dem Großen Krieg" stellt erstmals Ullmanns musikalische Arbeit im Rahmen der "Freizeitgestaltung" im Ersten Weltkrieg künstlerisch dar anhand der Forschungsarbeit von Herbert Gantschacher.
Die Ausstellung und die Musiktheaterproduktionen sowie das Konzertprogramm werden im Goriški Muzej, Grad Kromberk, in Nova Gorica gezeigt, die Ausstellung wird am 23. Oktober 2018 eröffnet.
Die Ausstellung bleibt danach bis zum 18.Oktober 2019 im Goriški Muzej, Grad Kromberk, in Nova Gorica geöffnet. Damit wird im Jahr 2018 sowohl an den 120. Geburtstag Viktor Ullmanns als auch der vor 100 Jahren erfolgten Gründung der Republik Österreich erinnert und im Jahr 2019 eben an den 75.Jahrestag der Ermordung Ullmanns in Auschwitz.
Gerade solche Projekte zwischen der Republik Slowenien und der Republik Österreich stellen das gemeinsame Kulturerbe in den Vordergrund und im speziellen dem Land Kärnten, das ja den kulturellen Reichtum seiner sehr aktiven slowenische Minderheit zu schätzen weiß und seit 2017 auch in der Kärntner Landesverfassung verankert ist 99 Jahre nach der Gründung der Republik Österreich 1918.
Wassili Axjonow in Moskau 1979
(von Thomas Reschke fotografiert, von Herbert Gantschacher heimlich durch den Eisernen Vorhang gebracht)
3. „Neglected History - Vom Entstehen moderner Zivilgesellschaften im Ersten Weltkrieg zu den Bürgerrechtsbewegungen im Osten Europas"
Vom Kampf um Frauenrechte, dem Pazifismus der taubblinden Helen Keller und des Philosophen und Reformpädagogen Wilhelm Jerusalem, von den Kriegsdienstverweigerern zum Zivildienst im Ersten Weltkrieg, vom Kampf über Lebensbedingungen ziviler und militärischer Kriegsinvaliden, von Ernst Friedrichs "Anti-Kriegsmuseum" zur Friedensbibliothek - Dichter + Bürgerrechte im Osten Europas an Beispielen aus der ehemaligen UdSSR (Wassili Axjonow, Andrej Sacharow, Ella Michailowna Poljakowa), der DDR (Anti-Kriegsmuseum, Friedensbibliothek, Jürgen Rostock), Polen (Ewa Slaska), Slowenien (France Bevk, die Friedensbewegung und der antifaschistische Widerstand im Isonzotal) sowie der ehemaligen CSSR (Herbert Thomas Mandl, Josef Wünsch, Opera Furore, BJK - Baletní Jednotku Křeč) - Bürgerrechtsbewegungen und Künstlerinitiativen abseits bekannter Namen.
Ein Symposion gemeinsam ausgerichtet vom Anti-Kriegsmuseum, der Friedensbibliothek Berlin und ARBOS - Gesellschaft für Musik und Theater (5.September - 9.September 2018)
Dieses Symposion wird Zeitzeuginnen und Zeitzeugen in den Focus stellen, die sozusagen nicht zum prominenten Personal der Bürgerrechts- und Menschenrechtsbewegungen sowie der Zivilgesellschaft in Europa zählen, die sich den tagtäglichen Auseinandersetzungen für Bürgerrechte und Menschenrechte für die Zivilgesellschaft gestellt haben und auch darauf verzichtet haben, ihre Biografien umzuschreiben, das zählt ja zumindest zu den mitteleuropäischen Wahnideen, wie es Vaclav Havel formuliert hat.
Der Beginn des Ersten Weltkriegs markiert auch den Beginn der modernen Zivilgesellschaft, Bürgerrechtsbewegungen, Proteste gegen den Krieg. Diese Anti-Kriegsbewegungen führten in der im Ersten Weltkrieg neutralen Schweiz dazu, dass für Kriegsdienstverweigerer der Zivildienst eingeführt worden ist. Auch in Großbritannien werden in Folge von Protesten der Anti-Kriegsbewegungen und der Kriegsdienstverweigerung aus Gewissensgründen - diese landeten in Gefängnissen oder wurden hingerichtet - Ersatzdienste eingeführt. Laut Angaben der Universität von Leeds sind im British Empire 3118 Personen zum Tod verurteilt worden, davon 361 hingerichtet, in Frankreich 2500 Personen davon 650 hingerichtet, im Deutschen Reich 150 Personen davon 48 hingerichtet und in der k.u.k. Monarchie des Erzhauses Habsburg 1175 Personen davon 1148 hingerichtet. Kriegsgegner und Pazifisten haben in allen kriegführenden Ländern einen schweren Stand, dies bekommt in den USA auch die taubblinde Schriftstellerin und Menschenrechtsaktivistin Helen Keller zu spüren, als sie ihre programmatische Rede "Verweigert den Krieg!" im Jänner 1916 in der New Yorker Carnegie-Hall hält. Ähnliches gilt für den der Aufklärung verpflichteten in Wien arbeitenden und lehrenden jüdischen Philosophen, Reformpädagogen und Pazifisten Wilhelm Jerusalem, der ja der Entdecker des literarischen Talents von Helen Keller ist. Jerusalem schreibt für die im Schweizer Verlag Art. Institut Orell-Füssli in deutscher Sprache erscheinende Zeitschrift "Internationale Rundschau"; diese Zeitschrift erscheint auch in Kopenhagen in dänischer und in Stockholm in schwedischer Sprache und widmet sich der dringend notwendigen Friedensarbeit im Großen Krieg. Im selben Verlag wird auch Georg Friedrich Nicolais "Die Biologie des Krieges erscheinen. Nicolai ist Mediziner und auch Leibarzt der Ehefrau des deutschen Kaisers Augusta. Nicolais Buch erregt großes Aufsehen, weil Nicolai in seinem Buch die Nutzlosigkeit und Unproduktivität von Kriegen nachweist, die unschätzbare Kulturwerte vernichten. Durch Wilhelm Jerusalem bekommt der Komponist Viktor Ullmann Kenntnis von diesem Buch, und Ullmann wird dieses Buch im Frühjahr 1918 während seines Militärdiensts in Barcola bei Triest lesen. "Ich würde mich ja soweit ganz wohl fühlen, wenn ich arbeiten kann. Dazu rechne ich auch Gutes lesen. Oder sogar mir vom Mischi ein wunderbares Buch ‚Die Biologie des Krieges’ von Dr. Nicolai, Berlin (in Deutschland verboten) vorlesen zu lassen (Zu haben bei Buchhändler Glanig. Bitte das in eure Auslage stellen !!)“, schreibt Ullmann an seine Freundin Anny Wottitz am 22.Feber 1918 und ergänzt am 5.März 1918: „Nicolai´s Buch ist nur in Deutschland verboten, wo der Autor auch eingekerkert worden sein soll. Daß er am Scheiterhaufen verbrannt ist, bezweifelt man noch." So ist also schon im Ersten Weltkrieg das Grundgerüst für Ullmanns Anti-Kriegsoper "Der Kaiser von Atlantis oder Die Tod-Verweigerung" entstanden, einerseits Ullmanns eigene Kriegserfahrung, einerseits Ullmanns Tätigkeit als Musikoffizier in der Freizeitgestaltung an der Front mit eigener Kapelle, die in der Größe und Instrumentation bereits musikalische Besetzung seiner Anti-Kriegsoper aufweist (lediglich zwei Instrumente tauscht Ullmann, aus dem Horn wird eine Trompete und aus dem Akkordeon ein Harmonium), und eben andererseits die Grundkenntnisse des Pazifismus vermittelt durch Wilhelm Jerusalem und Friedrich Georg Nicolai. Und noch etwas ist im Zusammenhang mit Wilhelm Jerusalem bemerkenswert, er wird nach Ende des Weltkrieges 1919 außerordentlicher und 1923 ordentlicher Universitätsprofessor für Philosophie an der Universität Wien, denn erst mit der Etablierung demokratischer Republiken 1918 erhalten Juden alle Bürgerrechte, die ihnen von den theokratischen Monarchien der Dynastien der Hohenzollern, der Romanows und des Erzhauses Habsburg vorenthalten worden sind. Und so wird nach dem Ende des Weltkriegs und der Habsburgermonarchie aus dem externen Privatdozenten Wilhelm Jerusalem an der Wiener
Universität noch ein Universitätsprofessor. und was für Juden gilt, das gilt auch für Frauen. Vielfach behaupten Historiker, egal ob sie sich nun erzkonservativ oder erzprogressiv gebärden, dass der Habsburgermonarch Franz-Joseph I. das allgemeine Wahlrecht eingeführt hat. Allein die Errichtung eines parlamentarischen Gebäudes am Ring in Wien gilt so manchem Koch und Politiker schon als Etablierung von Demokratie. Diese Klischees sind zu korrigieren! Erst mit Existenz der Republik Österreich 1918 wird in Folge das allgemeine freie Wahlrecht Gesetz, endlich sind Frauen gleichberechtigt wahlberechtigt! Vielfach vergessen ist, dass Franz-Joseph I. im Frühjahr 1914 im k.k. Reich den Ausnahmezustand verhängt und im Sommer 1914 zum Weltbrandstifter mutiert. Unter den Folgen leidet die Welt heute noch. Geschichte als Klischee begriffen taugt nicht zur Darstellung der vielschichtigen Wirklichkeit. Klischees sind im Sinne des großen Historikers und Kunstexperten Ernst Gombrich entschieden zu bekämpfen. Bertha Suttner und Alfred Hermann Fried - beide haben den Friedensnobelpreis erhalten - sind die Proponenten einer Friedensbewegung vor allem vor dem Ersten Weltkrieg. Und es sind auch hauptsächlich Frauen, die sich um Kriegsdienstverweigerer in Ersten Weltkrieg kümmern. Und Kriegsdienstverweigerer finden sich in allen kriegführenden Ländern. Ein vehementer Kriegsgegner ist der Berliner Pazifist Ernst Friedrich, auch er verweigert den Kriegsdienst aus Gewissensgründen. Nach dem Ersten Weltkrieg wird Friedrich 1925 mit den Verkaufserlösen der Zeitschrift "Freie Jugend" und seines Buches "Krieg dem Kriege!" das Anti-Kriegsmuseum im Zentrum Berlins begründen. Sowohl das Buch als auch das Museum zeigen anschaulich die Schrecken des Krieges und dessen Auswirkungen. Friedrich dokumentiert auch Kriegsverbrechen und zeigt die Kriegsfolgen für Kriegsinvalide auf, dem Millionenheer der arbeitslosen Kriegskrüppelgarde. Der spätere Atomkraftgegner, Zukunftsforscher und Pazifist Robert Jungk besucht schon als Schüler das Anti-Kriegsmuseum und kann sozusagen aus erster Hand die Nutzlosigkeit von Kriegen im wahrsten Sinn des Wortes begreifen. So ein Museum ist der Neuen Rechten in Europa in zwanziger Jahren des zwanzigsten Jahrhundert ein Dorn im Auge (ja so ist es Tradition in Europa, Faschisten und Nationalsozialisten eben mit den Begriffen der Neuen Rechten in Europa, der Rechtspopulisten und der Rechtsextremen zur verharmlosen). Und kaum sind die Nationalsozialisten demokratisch an die Macht gekommen, wird als eine der ersten Säuberungsmassnahmen das Anti-Kriegsmuseum aufgelöst und zu einer SA-Kaserne umgewandelt. Ernst Friedrich gelingt es jedoch, einen Großteil seiner Sammlung zu retten. Ja, ja, die Nazi-Herrschaft hat sich am 23. März 1933 nach geltenden demokratischen Spielregeln der Weimarer Republik an die Macht gebracht mit Hilfe der Zentrumspartei, der auch der lupenreine Theodor Heuss als Reichstagsabgeordneter zugehörig gewesen ist und gemeinsam mit der NSDAP für das Ermächtigungsgesetz gestimmt hat. Nur so konnte es den Nazis ermöglicht werden, ihr Terrorregime hinter einer scheindemokratischen Fassade aufzubauen (Ja, ja, die Nazis ließen bis zum Kriegsbeginn im Jahr 1939 sogar wählen, der Pangermane konnte wählen zwischen der Liste des Führers und der Liste der Nationalsozialistischen Partei, deren Führer wiederum praktischerweise der Führer war. Ja, so stellen sich Rechte das Wählen vor!). Ernst Friedrich eröffnet das Anti-Kriegsmuseum 1936 nun in Brüssel, dort wird es von Nazis 1941 vollkommen zerstört. Friedrich gelingt die Flucht nach Frankreich, und dort wird aus dem Kriegsdienstverweigerer und Pazifisten ein aktiver Widerstandskämpfer gegen die Nationalsozialisten und gegen die Besetzung Frankreich durch die deutsche Wehrmacht. Und Friedrich rettet an die sechzig jüdische Kinder vor der Deportation. Nach dem Zweiten Weltkrieg bleibt Friedrich bis an sein Lebensende in Frankreich. Auf deutschem Boden entstehen aus den Besatzungszonen der vier Siegermächte des zweiten Weltkrieges zwei deutsche Staaten, die BRD, die Bundesrepublik Deutschland aus den Besatzungszonen der Briten, US-Amerikaner und Franzosen sowie die DRR, die Deutsche Demokratische Republik aus der Besatzungszone der Sowjets. Und justament in der DDR wird im Osten von Berlin am 14.September 1970 das Anti-Kriegsmuseum als Teil der Bürger- und Zivilgesellschaft sowie der Umweltschutzbewegung wiedereröffnet, 1985 kommt dann zum Anti-Kriegsmuseum noch die Friedensbibliothek dazu unter dem Schirm der Evangelischen Kirche. Und im Westen von Berlin wird 1982 zum fünfzehnten Todestag von Ernst Friedrich mit Initiative des ehemaligen Bundeskanzlers Willy Brandt auch ein Anti-Kriegsmuseum eröffnet. Im Zentrum der Arbeit steht die Friedensbildung. Von 1970 bis 2016 hat das Anti-Kriegsmuseum gemeinsam mit der Friedensbibliothek mit 2336 Ausstellungen in 570 Orten und 15 Ländern 4,600.000 Besucher erreicht. Dafür stehen achtzehn Ausstellungen zur Verfügung darunter auch eine Ausstellung zur Geschichte des Anti-Kriegsmuseums. Und so führt der Kampf gegen den Krieg sowie um Frieden und Menschenrechte aus dem Ersten Weltkrieg, zum Widerstand gegen den Nationalsozialismus zur Zivil- und Bürgergesellschaft im Westen und Osten Europas.
Wenn ich heute mit Leuten im Osten Europas über die Geschichte und Politik des zwanzigsten Jahrhunderts spreche, so wird so gut wie von allen führenden Politikern dieser Zeit Kritik geübt. In Russland wird dabei eine Person aber so gut wie nie genannt, nämlich Leonid Breschnew, obwohl in seiner Amtszeit als Staatschef der UdSSR die „Tauwetter“-Periode im Osten Europas beendet wird und die Zeit der Militärinterventionen in der CSSR 1968, Afghanistan 1979 und Polen 1980 fallen, die dann auch zu großen inneren Protestbewegungen führen.
In Russland wird 1980 Friedensnobelpreisträger Andrej Sacharow aus Moskau in die Stadt Gorki (heute wieder Nischni Nowgorod) verbannt.
Der Dichter Wassili Axjonow setzt eine Bürgerrechtsbewegung für Sacharow in der UdSSR in Gang.
Und Wassili Axjonow gibt den Literaturalmanach „Metropol“ heraus, in der Dichter aus der UdSSR publizieren dürfen, die in der Staatskunst der UdSSR keinen Platz haben. „Metropol“ wird in kleinen Auflagen gedruckt und als Samisdat weiterverbreitet, wobei dann die Texte aus dem Almanach abgeschrieben werden und weitergegeben werden.
Wassili Axjonow selbst aber hat schon als Kind erfahren, was es bedeutet, Opfer stalinistischer Säuberungen in den dreißiger Jahren zu werden. Sein Vater wird verhaftet und kommt dann zu Tode. Seine Mutter, die Dichterin Jewgenija Ginzburg, zieht ihre Kinder alleine auf. In der „Tauwetter“-Periode (benannt nach dem Roman „Tauwetter“ von Ilija Ehrenburg) wird die Familie rehabilitiert. Wassili Axjonow kann sogar studieren, wird Arzt, entscheidet sich dann aber für eine Karriere als Dichter, die ihn zu einem der meist gelesenen jungen Autoren im Osten Europas werden lässt. Neben Erzählungen und Romanen schreibt er auch Theaterstücke. So arbeitet er 1969 am Stück „Duell“ für das Theater „Mossowjet“, das Thema das Stückes ist das innere Duell einer jungen Frau während eines Urlaubs am Issyk-Kul, die zwischen zwei Männern steht, einem Kaufhausdirektor aus Moskau, für die sie eine Art Zweitfrau ist, und einem Offizier aus einem Sanatorium, der bei einer Atomkatastrophe eines U-Bootes Menschenleben rettet, dabei aber so verstrahlt wird, dass er nur noch eine kurze Zeit zu leben hat. Ginzburgs Texte sind in der UdSSR nie erschienen, Axjonow muss 1980 die UdSSR verlassen. In den neunziger Jahren wird Axjonow in Russland rehabilitiert. Seine Romantrilogie „Generations of Winter“ wird 2004 in Russland als mehrteilige Fernsehserie verfilmt, der sich mit dem Tabuthema der stalinistischen Verfolgungen auseinandersetzt, „Generations of Winter“ erzählt die Geschichte der Arztfamilie Gradow in den Jahren 1925–1953. Und 2004 erhält er für seinen Roman „About Voltairian Men and Women“ den russischen Bookerpreis, in diesem Roman setzt er sich mit der Aufklärung und deren Auswirkungen auf Russland aus.
Aus Slowenien ist der Dichter France Bevk als Politiker bekannt, so gut wie unbekannt ist seine Arbeit an Antikriegs- und Friedentexten. Kurz vor Beginn des Großen Krieges 1914 veröffentlicht er als 24jähriger Antikriegstexte, die bei der k.u.k. Zensurstelle und dem Geheimdienst Misstrauen erwecken. Bevk muss seinen Lehrerberuf aufgeben. In der Zeit der italienischen Besatzung des Isonzotals wird er einer der Organisatoren des Widerstands.
Aus der CSSR sind uns die Dichter Vaclav Havel und Pavel Kohout bestens bekannt auch als Unterzeichner der „Charta 77“. Nicht bekannt sind die Schicksale von Menschen, die sich ohne große Öffentlichkeit für Menschen- und Bürgerrechte einsetzen wie beispielsweise Josef Wünsch, die abenteuerliche Flucht von des Musikers, Dichters und Überlebenden des KZ Theresienstadt Herbert Thomas Mandl über Ägypten, die abenteuerliche Flucht von Slavi Mandl mit Hilfe des Literaturnobelpreisträgers Heinrich Böll oder auch die Geschichte anderer Künstlerbewegungen in der CSSR wie die "Opera Furore" und die "BJK - Baletní Jednotku Křeč".
Nun: Echte Demokratie verlangt von allen das lebendige Interesse an öffentlichen Dingen. Das fordert T.G. Masaryk, Philosoph der Demokratie und erster Präsident der Tschechoslowakei. Eine Kultur der Demokratie hinterfragt, ob ein Präsident nicht das Relikt monarchistisch-theokratischer Herrschaft ist. Und damit verbunden sind Fragen künstlerischer Gestaltung des demokratischen Staatsprotokolls als sinnfälliger Ausdruck der Idee des Staates, die Wandlung monarchistischer Bauten in demokratische Gebäude oder Geschichtsschreibung legitimiert durch Demokratie. Abkehr von cäsaropapistischer Repräsentationskultur sichert das Interesse am Staat. In der ersten Republik Österreich wird das Interesse an lebendiger Demokratie sichtbar in Wien durch die Schönbrunner Erzieherschule mit bedeutenden Lehrern wie dem Philosophen, Pazifisten und Reformpädagogen Wilhelm Jerusalem, die Erzieherschule zieht 1919 ins Schönbrunner Schloss. 1934 von den Austrofaschisten aus Schönbrunn vertrieben erinnert heute dort nichts mehr an diese bedeutende Bildungsreinrichtung, es zählt ja nur die touristische Vermarktung! Die demokratische Tschechoslowakei zerstören die Nazis 1939. Doch Masaryks Vision einer lebendigen Demokratie mit Bürgermitbeteiligung fordert der tschechische Bürgerrechtler Petr Uhl am Ende des Prager Frühlings 1968 wieder ein: "Die bürokratische Gesellschaft hat keine neue Kunst geschaffen. Der sogenannte sozialistische Realismus ist nur eine Variante der großspurigen Schöpfungen verstaatlichter Kunst des Dritten Reiches, des österreichisch-ungarischen Kaiserreichs, der Werke, die dem Ruhm der russischen Zaren gewidmet waren, sowie vieler anderer. Dieser 'rektale Alpinismus' ist zumindest sehr weit entfernt von der wirklichen Befreiung des Künstlers. Allein die Abschaffung der offiziellen Zensur, der Selbstzensur und der Herrschaft mittelmäßiger Bürokraten, die beschränkt und servil sind, wird neuen Werten freie Bahn schaffen können“. Heute ersetzt Quote offizielle Zensur und Selbstzensur, Amtsschimmel bremsen kulturelle Entwicklung, kulturaffine rektale Alpinisten nennen es „Glücksfall“.Andere rektale Alpinisten benennen die Amtsräume von Österreichs Bundespräsidenten als k.u.k. Arbeitsplatz Hofburg. Demokratisch legitimierte Kultur braucht aber immer kritische Auseinandersetzung!
Im Symposion werden Zeitzeugen und Mitglieder dieser Zivil- und Bürgergesellschaft im Osten Europas erzählen über Wassili Axjonow, über die Situation in der Tschechoslowakei nach der Okkupation, über das Anti-Kriegsmuseum, den Widerstand gegen Krieg und Militarismus, die Friedensbibliothek. Davon berichten werden aus Berlin Annegret Klemens, Dr. Jürgen Rostock, Jochen Schmidt, aus Prag die Brüder Caban, aus Sczecin Ewa Maria Slaska, aus St. Petersburg Ella Michailowna Poljakowa, aus Bovec Alida Bevk und aus Österreich Igor Pucker vom Kärntner Landesmuseum und Herbert Gantschacher.
So wird die Geschichte der Bürgerrechtsbewegungen, der Künstlerinitiativen und der Zivilgesellschaft im Osten Europas abseits bekannter Namen weitererzählt.
Vom Symposion wird es auch eine Publikation in Form einer Broschüre mit den Beiträgen geben.
4. "Hinkemann und Beckmann - zwei Dramen über kriegsinvalide, zurückkehrende Soldaten in Korrespondenz in Korrespondenz gesetzt zu den zwei Weltkriegen" (15.Jänner 2018 PIVA Villach, 17.Jänner - 20.Jänner 2018 neuebuehnevillach, 12.Mai - 13.Mai 2018 Theater Spielraum Wien, 8.Juni - 9.Juni 2018 Toihaus Salzburg, Klosterruine Arnoldstein, 5.August 2018)
Zwei Dramen, in denen sich die Situationen von zurückkehrenden Soldaten und Kriegsinvaliden von der Front und aus Kriegsgefangenschaft nach den Weltkriegen widerspiegeln, der Hinkemann von Ernst Toller (1893-1939), der wortwörtlich ein Kriegsinvalide ist, und der Beckmann von Wolfgang Borchert (1921-1947), der sowohl physisch als auch psychisch ein zurückgelassenes Wrack des Krieges ist.
Zwei Dramen, in denen die Schicksale von Kriegsinvaliden im Zentrum stehen.
"Hinkemann" heißt Tollers Stück benannt nach der Hauptfigur, der aus dem Großen Krieg, dem Ersten Weltkrieg, zurückkehrt als Kriegsinvalider. Eugen Hinkemann findet zwar ein soziales Umfeld vor, er findet sich in diesem aber nicht mehr zurecht, die kriegsbedingte psychische und physische Schädigung erlaubt kein erfülltes Leben mehr. Da es für in als Kriegsinvaliden keine geregelte Arbeit gibt, versucht Hinkemann seinen Lebensunterhalt am Rummelplatz zu verdingen als zum Krüppel geschossene lebende Kuriosität. Hinkemanns Frau erträgt so ein Leben nicht mehr, sie begeht Selbstmord.
"Draußen vor der Tür" heißt Borcherts Stück, seine Hauptfigur heißt Beckmann, der auch aus dem Krieg, dem Zweiten Weltkrieg, zurückkehrt als Kriegsinvalider. Doch Beckmanns soziales Umfeld existiert nicht mehr, er ist ausgeschlossen, er findet auch nicht mehr zurück in sein früheres Leben, Beckmann bleibt draußen vor der Tür.
Zwei Dramen, die das Ergebnis der Lebensumstände sowohl von Toller als auch Borchert sind.
Ernst Toller zieht als Kriegsfreiwilliger geblendet von der Wilhelminischen Kriegspropaganda im August 1914 in den Großen Krieg gegen Frankreich. Tollers Kriegseuphorie wandelt sich, der "Hurra"-Patriotismus endet in einem psychischen und physischem Zusammenbruch im Mai 1916, in Folge ist er als nicht mehr kriegsverwendungsfähig eingestuft worden, wird beurlaubt, beginnt zu studieren 1917. Und die Erlebnisse an der Front werden zu Literatur verarbeitet. Da heißt es dann: "Da! mordend krochen ekle Tiere / Flammen spritzend auf der Erde!" Der bedingungslose Patriot vollzieht eine Wandlung zum Pazifisten. Die schlechte Versorgungslage führt in den Reichen der Hohenzollern und des Erzhauses Habsburg im Jänner 1918 zu massiven Streiks, an denen sich auch Toller beteiligt, er wird verhaftet und verbringt die Monate Februar und März 1918 im Militärgefängnis. Im November 1918 implodieren die Monarchien der Hohenzollern und des Erzhauses Habsburg. Aus dem Pazifisten Toller wird nur ein Revolutionär, der deshalb bis 1922 einige Zeit in Gefängnissen verbringt. 1922 vollendet Toller 29jährig inhaftiert das Stück "Hinkemann". Nach der Entlassung aus dem Gefängnis wird er aus Bayern ausgewiesen. "Hinkemann" wird 1923 in Leipzig uraufgeführt, das Stück wird aber von den Nationalsozialisten heftigst bekämpft, sie stören im Jänner 1924 die Premiere von "Hinkemann" am Staatstheater in Dresden erfolgreich, das Stück wird vom Spielplan abgesetzt. Ähnliches geschieht im Feber 1924 am Wiener Raimundtheater, "Hinkemann" als geschlossene Vorstellung angesetzt von einem Großaufgebot der Polizei geschützt versuchen in Wien die Nationalsozialisten die Vorstellung zu stürmen, doch die an den Eingangstüren zum Saal postierten Arbeiterwehren verhindern dies, trotz des großen Erfolgs beim Publikum bleibt es bei einer Vorstellung. Auch Berlin versuchen die Nationalsozialisten "Hinkemann" auf der Bühne zu verhindern, doch die Inszenierung wird ein voller Erfolg, und der Autor Ernst Toller wird gefeiert. Und 1927 spielt das Freie Theater "Hinkemann" in Wien in den Bezirken. Nun der Erfolg dauert maximal sechs Jahre, denn mit der Regierungsbeteiligung der NSDAP und der demokratischen Mehrheit im Deutschen Reichstag für das Ermächtigungsgesetz 1933, das von der Nazi-Partei eingebracht worden ist, ist sozusagen die Uhr für eine demokratische Weimarer Republik abgelaufen. Toller hat die Zeichen der Zeit rechtzeitig erkannt und ist schon 1932 aus dem Deutschen Reich emigriert. Am 10.Mai 1933 werden seine Bücher verbrannt und mit dem Gesetz über den Widerruf von Einbürgerungen und die Aberkennung der deutschen Staatsangehörigkeit vom 14.Juli 1933 zählt Toller dann zu jenen ersten 23 Persönlichkeiten, derer sich die Nazis entledigen. Letzten Endes kommt Toller schließlich nach New York, er wird im Weißen Haus von Präsident Roosevelt empfangen und nimmt noch am New Yorker Schriftstellerkongreß. Am 22.Mai 1939 begeht Toller in New York Selbstmord.
Wolfgang Borchert wird in seiner Kindheit vom Leben in Hamburg geprägt, wie die Cousine Wolfgang Borcherts 1978 berichtet hat. Hamburg ist bis 1933 durch die Situation des Roten Hamburg der Arbeiter und dem bürgerlichen Hamburg gekennzeichnet, in dem die Nazis ihre Propaganda zu verbreiten gewußt haben, dass die Arbeiterviertel Hamburgs mit Waffen aus der Sowjetunion versorgt worden sind und es nur mehr eine Frage der Zeit ist, bis die Arbeiterschaft aus dem Roten Hamburg die Macht in den bürgerlichen Vierteln Hamburgs übernimmt. Nun in Wirklichkeit sind dann die Nazis im Deutschen Reich an die Macht gekommen.
Wolfgang Borchert wird durch die Uniformität des von der nationalsozialistischen Ideologie geprägten Lebens und der Primitivität der Deutschen Wehrmacht in eine ohnmächtige Wut versetzt. Dies geht auch aus seinen ersten erhaltenen bis heute nicht veröffentlichten Gedichten, Texten und Theaterstücken hervor, die er vor und während seiner Zeit in der Deutschen Wehrmacht geschrieben hat (aufbewahrt werden diese Werke Borcherts an der Staatsbibliothek in Hamburg). In seinen Soldatenbriefen von den Fronten des Zweiten Weltkrieges spricht Borchert von einer Wahrheit, wie er sie angesichts der Lüge, die Millionen von Menschen ins Verderben riss, erkannte. Borchert schwankt zwischen zwei Reaktionsmöglichkeiten: dem Rückzug nach innen und der nach außen gekehrten Provokation, der Aggressivität und der Immigration ins Reich des Traumes. Ende 1941 folgt der Fronteinsatz. Ende 1941, Beginn 1942 wird Borchert wegen Verdachts der Selbstverstümmelung nach Nürnberg gebracht. Freispruch. Die nach außen gekehrte Provokation bringt ihn in einem weiteren Verfahren eine Gefängnisstraße ein, die Strafe wird dann auf Frontbewährung abgewandelt. Diese Gefängniszeit hat auf Borchert nachhaltig zurückgewirkt. Anfang 1944 wird Borchert wiederum in Haft genommen und kommt ins Berliner Untersuchungsgefängnis Moabit, "wegen Zersetzung der Wehrkraft", einen Tag vor seiner Entlassung aus der Wehrmacht wegen Dienstuntauglichkeit - er hatte inzwischen Gelbsucht und Fleckfieber gehabt und erste Beschwerden mit seiner Leber - und Abstellung an ein Fronttheater. Die Anklage lautet: "... öffentlich den Willen des deutschen Volkes zur wehrhaften Selbstbehauptung zu lähmen und zu zersetzen gesucht zu haben ... indem er im Kreise von Kameraden bei dem Versuch, Reichsminister Dr. Goebbels zu parodieren, folgendes sagte: 'Das deutsche Volk kann ruhig sein, Lügen haben kurze Beine, aber es ist meinem Orthopäden gelungen, mein rechtes Bein auf die normale Länge zu bringen; Volksgenossen und Volksgenossinnen, unsere Führung hat euch luftige und helle Wohnungen versprochen, wir haben unser Versprechen gehalten, die Wohnungen habt ihr jetzt; der deutsche Soldat wird kämpfen bis zur letzten Patrone, dann wird er das große Laufen kriegen. Ihr werdet erlauben, daß ich schon jetzt vorauslaufe, da ich am Gehen behindert' ... Der Beschuldigte ist in Untersuchungshaft zu nehmen, weil dringender Verdacht vorliegt und militärische Belange die Verhaftung erfordern". Die Monate in Berlin sind eine Hölle besonderer Art. Die Gefangenen werden bei Fliegeralarm nicht in den Keller geführt und erleben jeden Großangriff auf die Stadt Berlin mit gesteigerter Todesangst. Am 4.September 1944 erscheint der Angeklagte Wolfgang Borchert gelbgesichtig und körperlich heruntergekommen vor dem Tribunal. Der Anwalt versucht das Offensichtliche in ein günstigeres Licht zu rücken. Borchert wird schließlich zu neun Monaten Gefängnis verurteilt, zwecks Feindbewährung wird Strafaufschub bewilligt. Anfang 1945 soll Borcherts Kompanie noch bei Kämpfen südlich des Mains eingesetzt werden, aber da sich die Offiziere schon während des Transportes verkrümelt haben, lässt sich der nur noch durch einen Feldwebel mit Mühe zusammengehaltene Haufen ohne große Mühe bei Frankfurt gefangen nehmen. Zum Weitertransport in die französische Gefangenschaft werden die Soldaten auf Lastwagen verladen. Während der Fahrt durch ein Wäldchen, gelingt es einigen - unter anderem auch Borchert - zu fliehen. Zusammen mit einem ihm wenig genehmen Kumpanen versucht Borchert, sich nach Norden durchzuschlagen. Von US-Amerikanern aufgegriffen und nach Entlassungspapieren befragt, sind es jetzt Borcherts Haft-Vermerke, denen die beiden den freien Durch- und Weiterzug verdanken. Fiebernd langt er von der 600-Kilometer-Strapaze zu Tode erschöpft in seiner Heimatstadt Hamburg an ähnlich Borcherts Beckmann im Stück "Draußen vor der Tür", dort heißt es am Anfang: "Er war lange weg, der Mann. Sehr lange." Von ein paar Versuchen abgesehen, als Schauspieler und Kabarettist am Theater Fuß zu fassen, ist er gezeichnet von den im Krieg zugezogenen Erkrankungen und die meiste Zeit seines restlichen Lebens ans Krankenbett gefesselt, schreibt aber Geschichte um Geschichte, Gedicht um Gedicht. Und er schreibt bis zu seinem Tod in Basel am 20.November 1947 all das, was heute als Borcherts so genanntes Gesamtwerk öffentlich bekannt ist. Innerhalb von acht Tagen verfasst Borchert zwischen Herbst 1946 und Anfang 1947 das Theaterstück "Draußen vor der Tür", das am 21.Feber 1947 erstmals als Hörspiel und am 21.November 1947 in den Hamburger Kammerspielen zur Uraufführung gebracht worden ist eine Tag nach dem Tod des Autors. Wolfgang Borcherts letzter verfasster Text "DANN GIBT ES NUR EINS!" ist auch als eine Art Testament und Vermächtnis zu verstehen: "Du Mann an der Maschine und Mann in der Werkstatt. Wenn sie dir morgen befehlen, du sollst keine Wasserrohre und keine Kochtöpfe mehr machen - sondern Stahlhelme und Maschinengewehre, dann gibt es nur eins: Sag NEIN! ... Du Mutter in der Normandie und Mutter in der Ukraine, du, Mutter in Frisko und London, du am Hoangho und am Mississippi, du, Mutter in Neapel und Hamburg und Kairo und Oslo - Muetter in allen Erdteilen, Mütter in der Welt, wenn sie morgen befehlen, ihr sollt Kinder gebaeren, Krankenschwestern fuer Kriegslazarette und neue Soldaten fuer neue Schlachten, Mütter in der Welt, dann gibt es nur eins: Sagt NEIN! Mütter, sagt NEIN!"
So wie Viktor Ullmann in seiner Anti-Kriegsoper "Der Kaiser von Atlantis oder Die Tod-Verweigerung" auf seine Kriegserfahrungen im Ersten Weltkrieg zurückgreift und nach 27 Jahren Arbeit am Stoff 1944 das Werk im Konzentrationslager Theresienstadt fertig schreibt - es bedarf großen Mutes, in einem NS-Konzentrationslager eine Anti-Kriegsoper zu schreiben und zu komponieren, so greift Wolfgang Borchert auch in seinem dichterischen Werk auf seine Erfahrungen mit dem nationalsozialistischen Terrorregime und die Kriegserfahrungen im Zweiten Weltkrieg zurück. Und sowohl bei Ernst Toller als auch Viktor Ullmann als auch Wolfgang Borchert lautet das logische Fazit, wie es auch die taubblinde Schriftstellerin und Menschenrechtsaktivistin schon formuliert hat: Verweigert den Krieg!
Die Besetzung für diese bilinguale Inszenierung (Österreichische Gebärdensprache und Deutsche Sprache) ist auch außergewöhnlich. Beckmann und Hinkemann werden gespielt vom gehörlosen Schauspieler Werner Mössler. Die weiteren Rollen werden gespielt von Rita Hatzmann, Markus Rupert, Alexander Mitterer und Markus Pol, letzterer ist ein CoDA (Kind gehörloser Eltern) und beherrscht sowohl das Lorm-Alphabet zur Kommunikation mit Taubblinden als auch die Österreichische Gebärdensprache, die ja seine erste Muttersprache ist. Die Inszenierung geht dabei von der Situation aus, dass Beckmann durch Kriegshandlungen ertaubt ist und sich daher in Gebärdensprache ausdrücken muss und in ein hörendes gesellschaftliches Umfeld zurückkommt, und dort bleibt Beckmann nun in mehrfacher Hinsicht eben "Draußen vor der Tür".
Zum Projekt wird auch eine wissenschaftliche Arbeit von Herbert Gantschacher über Wolfgang Borchert und Ernst Toller erscheinen. Im Zuge dieser Recherchen hat Gantschacher noch die Cousine von Wolfgang Borchert kennengelernt und auch bislang unveröffentlichte literarische Texte und Theaterstücke von Wolfgang Borchert kennengelernt.
5. "Der Verein Wiener Philharmoniker im Spannungsfeld der NS-Kulturpolitik"
5.1. "Das Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker, dessen kulturpolitischer Ursprung, dessen Vorgänger und Vorläufer im Kontext der ehemaligen Frontkämpfer und Kriegsinvaliden im Ersten Weltkrieg." (Hauptbahnhof Klagenfurt in Zusammenarbeit mit den ÖBB - Österreichischen Bundesbahnen, 31.Dezember 2017 - 2.August 2018)
5.2. "'Ich beziehe eine Pension vom Verein Wiener Philharmoniker'. Wie die Generalversammlung des Vereins Wiener Philharmoniker ihre jüdischen Mitglieder verwertete. Dargestellt anhand von Dokumenten der in die Konzentrationslager deportierten jüdischen Philharmoniker in Verbindung mit deren Vermögensverwertung und zu ungeklärten Fragen der Restitution, neuen Dokumenten zu den Personen Wobisch, Strasser, Kerber, Manker sowie der Fall Prof. Erich Meller." (Hauptbahnhof Klagenfurt in Zusammenarbeit mit den ÖBB - Österreichischen Bundesbahnen, 31.Dezember 2018 - 1.August 2019)
5.3. "Im Kontext der Wirklichkeit - Aus unveröffentlichten Archivalien und Materialien zum Rollenbild von Mitgliedern und des Vereins der Wiener Philharmoniker in den beiden Weltkriegen sowie in der Zwischenkriegszeit"
Publikationen im Jahr 2018 mit bisher unveröffentlichten Archivalien und Materialien zum Rollenbild der Wiener Philharmoniker im Ersten Weltkrieg, der Zwischenkriegszeit, dem Zweiten Weltkrieg und die sich daraus ergebenden Folgen in Verbindung mit einem Dokumentationsband zum Themenkreis der nationalsozialistischen Politik der Entrechtung mit Originaldokumenten zur weiteren Recherche und Forschung.
5.1."Das Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker, dessen kulturpolitischer Ursprung, dessen Vorgänger und Vorläufer im Kontext der ehemaligen Frontkämpfer und Kriegsinvaliden im Ersten Weltkrieg."
Am 3. Januar 1941 berichtet das Kleine Volksblatt auf Seite 8 rechts oben in der dritten Spalte als Aufmacher über das Jubiläum des zwanzigsten Neujahrskonzerts der Frontkämpfer mit Walzern, Märschen von Vater und Sohn Johann Strauß mit dem Komponisten des Kaiserjägermarsches, Karl Mühlberger am Dirigentenpult, der auch Werke von J.F.Wagner und eigene Kompositionen dirigierte. Neujahrkonzerte mit Werken, Lanner, Zeller, Ziehrer, Lehár, Millöcker, Suppè und aus der Komponisten-Dynastie von Vater Johann Strauß oder Johann Strauss sowie dessen drei Söhne Johann, Josef Strauss und Eduard Strauß gab es schon vor Beginn der Ersten Weltkriegs und sind danach mit dem Beginn des Öffentlich Rechtlichen Radios auch von der RAVAG gesendet worden.
Doch die Frontkämpfer-Neujahrskonzerte hatten auch einen sozio-humanitären Auftrag, der Reinerlös wurde für jene Frontkämpfer aus dem Ersten Weltkrieg verwendet, die sich am Rand der Gesellschaft befanden, sei es aus sozialen, sei es aus gesundheitlichen Gründen, also als Arbeitslose oder als Kriegskrüppel, also als Kriegsinvalide. Anfangs sind auch jüdische Kriegsinvalide vereinzelt unterstützt worden. Doch das sollte sich ändern. Der Vorsitzende des Verbandes jüdischer Frontkämpfer und deren Kriegsopfer war der Religionslehrer und Rabbiner Benjamin Murmelstein.
Das erste Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker, das auch von der RAVAG übertragen worden ist, fand 1927 unter der Leitung von Felix Weingartner statt, allerdings ohne Werke der Walzerkomponisten, dafür mit Werken von Berlioz, Brahms und Weingartner selbst.
Zu Silvester 1939 spielen dann die Wiener Philharmoniker die schönsten Werke von Johann Strauß im Großen Musikvereinssaal, der Reinerlös wird zur Gänze dem Kriegs-Winterhilfswerk zur Verfügung gestellt. Eine öffentliche Generalprobe gab es am Tag davor am 30. Dezember 1939.
In der Ausgabe des Kleinen Volksblattes wird auf Seite 10 in der Mitte der zweiten Spalte in der Rubrik „Schöne Künste“ mit der Überschrift „Mit Johann Strauß ins neue Jahr“ über die zweite Akademie der Wiener Philharmoniker am 1. Jänner 1941 berichtet, das ausschließlich Werke der Brüder Josef und Johann Strauß enthielt. Die erste Akademie hatte ja zu Silvester 1940 stattgefunden. Dabei haben die Wiener Philharmoniker zum ersten Mal für die NS-Gemeinschaft „Kraft durch Freude“ gespielt. Dieses Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker ist Teil eines neuen nationalsozialistischen Kulturkonzepts für Wien und ersetzt in Folge dann das Frontkämpfer-Neujahrskonzert. Die Philharmonische Akademie des Neujahrskonzerts der Wiener Philharmoniker wird in den kommenden Jahren so beibehalten, die Akademien finden in Zusammenarbeit mit „Kraft durch Freude“ statt, zu Silvester gibt es eine Akademie, zu der vermehrt Kriegsinvalide eingeladen werden, und zu Neujahr dann ebenfalls eine Akademie, beide abgehalten im Großen Musikvereinssaal.
Viele der jüdischen Frontkämpfer sind dann in den Konzentrationslagern gelandet, wobei es der ehemalige Vorsitzende des Verbandes, Benjamin Murmelstein zu einer wichtigen Funktion innerhalb des Konzentrationslagers Theresienstadt gebracht hat, er wurde dort der dritte Vorsitzende des Ältestenrates nach der Ermordung seiner beiden Vorgänger durch die SS, Paul Eppstein und Jakob Edelstein. Murmelstein überlebte.
Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wird diese Art Tradition in ähnlicher Form beibehalten, zu den Proben werden Mitglieder der B-Gendarmerie und später des Österreichischen Bundesheeres eingeladen, bevor am 1.Jänner dann das Neujahrskonzert über die Bühne geht seit dem ersten Konzert immer am selben Ort, nämlich dem Großen Musikvereinssaal.
Herbert Gantschacher hat im Jahr 2013 die erste Ausstellung über jene Wiener Philharmoniker recherchiert und kuratiert, die dann in den Konzentrationslagern der Nationalsozialisten gelandet und dort ermordet worden sind. Dabei hat Herbert Gantschacher bislang unbekanntes Archivmaterial über die ermordeten Philharmoniker der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.
Die Ausstellung am Klagenfurter Hauptbahnhof wird in Zusammenarbeit und Partnerschaft mit den ÖBB - Österreichischen Bundesbahnen präsentiert. Der Klagenfurter Hauptbahnhof eignet sich in Korrespondenz zu den Fresken von Giselbert Hoke bestens als Ausstellungsort noch dazu am Vorabend zum Jahr 2018, in dem die Republik Österreich der Wiederkehr ihrer vor hundert Jahren erfolgten Gründung und der siebzigjährigen Wiederkehr des Anschlusses der austrofaschistischen Ständestaatdiktatur an das nationalsozialistische Deutsche Reich gedenkt (31.Dezember 2017 - 2.August 2018).
5.2. "'Ich beziehe eine Pension vom Verein Wiener Philharmoniker'. Wie die Generalversammlung des Vereins Wiener Philharmoniker ihre jüdischen Mitglieder verwertete. Dargestellt anhand von Dokumenten der in die Konzentrationslager deportierten jüdischen Philharmoniker in Verbindung mit deren Vermögensverwertung und zu ungeklärten Fragen der Restitution, neuen Dokumenten zu den Personen Wobisch, Strasser, Kerber, Manker sowie der Fall Prof. Erich Meller."
"Ich bin der Tod, ich habe überlebt!" Mit diesen Worten stellte sich im September 1993 im Národní Památník, der nationalen Gedenkstätte im Prager Stadtteil Žižkov der Sänger, Komponist und Überlebende von Theresienstadt Karel Berman bei Herbert Gantschacher vor. Und Berman lachte dabei. Er hatte soeben die tschechische Erstaufführung jener Oper gesehen, die er im Konzentrationslager Theresienstadt geprobt hatte, nämlich Viktor Ullmanns Werk "Der Kaiser von Atlantis oder Die Todt-Verweigerung". Diese Schreibung des Titels der Oper ist dem Rollenbuch von Karel Berman geschuldet, das er kurz nach der Aufführung herzeigte. Denn Karel Berman war mit der Inszenierung und der musikalischen Interpretation zufrieden und begründete dies wie folgt: "Hier war das sehr gut gemacht, es war Invention, war sehr gut - z.B. wenn der Diktator immer höher auf den Totenleichen gestiegen ist - das war auch furchtbar war das - aber sehr gut, sehr spannend - und modernes Theater - So, und das Orchester sollte so klein sein wie es hier war, das war jetzt sehr interessant, weil ich habe das in Stuttgart gesehen, und dort hat das der, ich mein der holländische Dirigent, hat das für großes Orchester geschrieben, nun, war das schön, muss ich sagen, und aus technischen Gründen hat das sehr gut geklungen und so, aber das hier war viel mehr wie wir das in Theresienstadt gemacht haben." Und mit seinem Rollenbuch gab Karel Berman den Anstoß zur Rekonstruktion der Originalfassung von Ullmanns Oper, die der Musikwissenschaftler Ingo Schultz in der Theorie und ARBOS - Gesellschaft für Musik und Theater in der Praxis auf der Bühne umsetzten und 1995 auch bei der Theresienstädter Erstaufführung - 51 Jahre nach der Generalprobe - zum ersten Mal spielen konnten wieder in Anwesenheit von Karel Berman, der am 11. August 1995 in Prag verstarb.
Auch im September 1993 hatte Herbert Gantschacher Eva Herrmanová kennengelernt, sie hat dann 1995 die österreichische Erstaufführung der Kinderoper "Brundibár" von Hans Krása durch ARBOS - Gesellschaft für Musik und Theater mitbegleitet. Eva Herrmanová hatte in der Theresienstädter Produktion im Chor mitgesungen, "Brundibár" erlebte in Theresienstadt 59 Vorstellungen. Herrmanová gehörte zu den wenigen Mitwirkenden der Produktion, die überlebten. Eva Herrmanová verstarb am 13.Feber 2017 in Prag im Alter von 88 Jahren (sie ist am 22.Juli 1929 in Wien geboren worden).
Im Oktober 1995 lernte Herbert Gantschacher Herbert Thomas Mandl in Stockholm und im November 1996 Paul Kling in Ottawa kennen. Beide hatten in Theresienstadt auch mit Viktor Ullmann als Musiker gearbeitet, Mandl unter anderem im François-Villon-Projekt im Juli 1943, und Paul Kling war 1944 der Konzertmeister des Orchesters der Theresienstädter Proben zu Ullmanns Oper "Der Kaiser von Atlantis oder Die Todt-Verweigerung" gewesen. Und da saßen nun Herbert Thomas Mandl und Paul Kling in Ottawa im National Arts Centre auf der Bühne im Gespräch mit Jean-Jacques Van Vlasselaer als letzte Überlebende des Orchesters der "Studie für Streichorchester", die von Pavel Haas in Theresienstadt komponiert und von Karel Ančerl ebendort dirigiert worden ist.
Mandl war am 31. März 1942 aus Brünn mit seinen Eltern nach Theresienstadt deportiert worden. Mandl war als Sekretär in der Lagerverwaltung in Theresienstadt tätig, ehe er dann in einem der Orchester der Freizeitgestaltung als professioneller Musiker tätig wurde. Nach seiner Deportation nach Auschwitz am 28. September 1944 überlebte er den Todesmarsch in das Konzentrationslager Dachau. Mandl selbst war in Dachau zum "Muselmanen" geworden, das waren jene Häftlinge, die als Hungerkranke wie lebende Leichname durch die Lager gingen. Diese Situation zwischen Leben und Tod hat Mandl in seinem Theaterstück "Das Ziel der Verschollenen" aufgegriffen. Schließlich erlebte Mandl im Mai 1945 die Befreiung durch die amerikanische Armee in Dachau.
Von Mandl hat Herbert Gantschacher schließlich am meisten über die Überlebensbedingungen in den Konzentrationslagern erfahren und eben auch über die Freizeitgestaltung in Theresienstadt. Als Mandl nach Theresienstadt deportiert wurde, nahm er Bücher, Noten und Geigen mit. "Und wenn wir in Theresienstadt musiziert haben, so haben wir auch auf diese Weise gegen das nationalsozialistische Terrorregime Widerstand geleistet." Und ganz so selbstverständlich erzählte er, mit wem er alles in Theresienstadt als junger Geiger verkehrte wie eben Mitglieder der Philharmonischen Orchester aus Wien, Berlin, Prag oder auch dem Concertgebouw-Orchester aus Amsterdam. Er lernte den Komponisten und Dirigenten Viktor Ullmann kennen, der ein Freund seines Vaters war. Und Herbert Thomas Mandl wurde Augenzeuge, als der Komponist Richard Strauss in das Konzentrationslager Theresienstadt kam, um seine Verwandtschaft zu besuchen.
Mandls Erzählungen brachten nun Herbert Gantschacher auch auf die Idee, dem Schicksal jener Mitglieder des Wiener Philharmonischen Orchesters nachzugehen, die jüdischer Herkunft waren beziehungsweise in Folge in Theresienstadt inhaftiert waren.
Und bei der Recherche und Forschung in den Archiven ist Herbert Gantschacher fündig geworden und hat Archivalien und Originaldokumente gefunden, die das Schicksal der in das Konzentrationslager Theresienstadt deportierten jüdischen Mitglieder der Wiener Philharmoniker anhand der Anmeldungen derer Privatvermögens an die Vermögensverkehrsstelle, der Entwertung der Pensionen sowie der Vermögensverzeichnisse erstellt vor der Deportation und der Deportationslisten bis zu deren Tod nachzeichnen.
Und bei dieser Forschungsarbeit sind dann auch Originaldokumente gefunden worden, die belegen, dass es auch couragierten Widerstand unter einzelnen Mitgliedern des Vereins Wiener Philharmoniker gegen die praktizierte nationalsozialistische Politik gegeben hat.
Die Rollen von Prof. Helmuth (vor der Entnazifizierung) bzw. Helmut (nach der Entnazifizierung) Wobisch und Prof. Otto Strasser werden kritisch hinterfragt und anhand neuer Dokumente auch in Relation zur Rolle der Wiener Staatsoper mit Erwin Kerber und dessen artistischen Sekretär Gustav Manker gesetzt.
Ebenfalls untersucht wird der Fall von Prof. Erich Meller. der jüdische Musiker ist zuerst Mitglied der Wiener Philharmoniker gewesen, bevor er zunächst an der k.k. Hofoper und später dann an der Staatsoper Solokorrepititor geworden ist, Anfang 1937 jedoch wegen antisemitischer Hetze in der Staatsoper nach 38 Jahren seine künstlerische Arbeit quittiert, weil so genannte reichsdeutsche (also dem Nationalsozialismus verpflichtete) Künstler, die an der Staatsoper aufgetreten sind, es abgelehnt haben, mit Prof. Erich Meller zu arbeiten.
Auch diese Ausstellung wird am Klagenfurter Hauptbahnhof in Zusammenarbeit und Partnerschaft mit den ÖBB - Österreichischen Bundesbahnen präsentiert. Der Klagenfurter Hauptbahnhof eignet sich in Korrespondenz zu den Fresken von Giselbert Hoke bestens als Ausstellungsort auch am Ende zum Jahr 2018, in dem die Republik Österreich der Wiederkehr ihrer vor hundert Jahren erfolgten Gründung und der siebzigjährigen Wiederkehr des Anschlusses der austrofaschistischen Ständestaatdiktatur an das nationalsozialistische Deutsche Reich mit einem Gedenk- und Erinnerungsjahr an diese Ereignisse gedacht hat (31.Dezember 2018 - 1.August 2019).
5.3. "Im Kontext der Wirklichkeit - Aus unveröffentlichten Archivalien und Materialien zum Rollenbild von Mitgliedern und des Vereins der Wiener Philharmoniker in den beiden Weltkriegen sowie in der Zwischenkriegszeit"
Publikationen im Jahr 2018 mit bisher unveröffentlichten Archivalien und Materialien zum Rollenbild der Wiener Philharmoniker im Ersten Weltkrieg, der Zwischenkriegszeit, dem Zweiten Weltkrieg und die sich daraus ergebenden Folgen in Verbindung mit einem Dokumentationsband zum Themenkreis der nationalsozialistischen Politik der Entrechtung mit Originaldokumenten zur weiteren Recherche und Forschung.
Die zwei Publikationen, die in der ARBOS-Edition herausgebracht werden, sind dazu gedacht, einem Lesepublikum über die beiden Ausstellungen hinaus neue Einblicke in den historischen Kontext der Geschichte der Wiener Philharmoniker im zwanzigsten Jahrhundert zu geben. Dabei ergeben sich folgende Schwerpunkte anhand bislang nicht publizierter Archivalien und Materialien:
Funktion und Rollen der Wiener Philharmoniker im Ersten Weltkrieg in Oper und Konzert, Wohltätigkeitskonzerte, Konzerte im befreundetem und neutralem Ausland, über Frontkonzerte des Rosé-Quartette sowie deren Konzertplan im befreundetem und neutralem Ausland, die Rolle der k.k. Hofoper, der Bläservereinigung der k.k. Hofoper und der Wiener Philharmoniker, Musiker der Wiener Philharmoniker an der Front, Ablehnungen von Wiener Philharmonikern durch das Kriegspressequartier des k.u.k. Kriegsministerium für Fronttheatertourneen und Ablehnungen von Freistellungen der k.k. Hofoper für Gastspiele im befreundetem Ausland im Kontext der Jahre im großen Krieg 1914-1918.
Rollenbilder von Wiener Philharmonikern in der Zwischenkriegszeit anhand neuer Archivalien und Materialien betreffend den Konzertmeister der Wiener Philharmoniker Prof. Arnold Rosé und Prof. Erich Meller.
Die vermögensrechtliche Entrechtung von jüdischen Mitgliedern der Wiener Philharmoniker und deren Deportation in das Konzentrationslager Theresienstadt und Tod.
Der Widerstand einzelner Mitglieder der Wiener Philharmoniker gegen die nationalsozialistische Politik und das Eintreten für einzelne jüdische Mitglieder des Orchesters.
Die Personalia Wobisch, Strasser, Kerber und Manker im Kontext der nationalsozialistischen Politik und deren Folgen nach dem Ende der NS-Terrorherrschaft.
Um einem Lesepublikum, aber auch Forschern und Studierenden die Gelegenheit zur weiteren wissenschaftlichen Beschäftigung mit dem Thema der nationalsozialistischen Politik der Entrechtung anhand von Originaldokumenten zu geben, wird ein Dokumentationsband zum Thema "Entrechtung - Privatvermögen und Personenverzeichnisse" herausgegeben. Dieser Dokumentationsband wird als Druckwerk und in digitalisierter Form zur weiteren wissenschaftlichen Benutzung im "Open Access" herausgegeben.
Beide Publikationen werden zudem zweisprachig sein, also in deutscher und englischer Sprache.
Möglichkeiten weiterer wissenschaftlicher Dokumentation betreffend Firmenvermögen, Deportationen, Hilfsfond sowie weiteren Archivalien betreffend Bundesländer mit Registerband kann angestrebt werden, sobald der Dokumentationsband "Entrechtung - Privatvermögen und Personenverzeichnisse" als Druckwerk und in digitalisierter Form für "Open Access" vorliegt.
Herbert Gantschacher
2018 : 100 Jahre Republik Österreich Termine