Rita Hatzmann-Luksch als helen Keller und Werner Mössler als Wilhelm Jerusalem und in verschiedenen namenlosen Rollen
Ohren verstopft, Augen verbunden: Schauspielerin schlüpft in die Rolle von Helen Keller
Workshop und Stück von Arbos aus Österreich beim internationalen, inklusiven Festival „Therapie und Theater“.
Der Schauspieler Werner Mössler nimmt das Hörgerät von seinem linken Ohr. Damit hört er absolut nichts, denn das rechte ist taub. Seiner Kollegin Rita Hatzmann-Luksch, die sich ein mehr als 100 Jahre altes Frauenkleid übergezogen hat, stopft er mit Watteumwickelte Wachspfropfen ins Ohr. Links und rechts von ihren Ohren und hinter ihr klatscht er in die Hände. Keine Reaktion. Sie hört nun auch praktisch nichts. Noch eine Augenbinde und sie sieht auch in den kommenden knappen 5/4 Stunden nichts. Vors Gesicht hängt sie sich mit einem Gummizug das papierene Gesicht einer historischen Frau: Helen Keller.
Es ist dies ein Stück von „Arbos – Gesellschaft für Musik und Theater“ aus Österreich. Gezeigt wurde es auf dem internationalen inklusiven Festival „Therapie und Theater“ im polnischen Łódź. Spielort war in diesem Fall eine frisch renovierte als Kulturort genutzte Villa neben einem alten Fabriksgebäude. Hier fanden Workshops und Performances statt. Vor ihrem Auftritt in der Rolle der Helen Keller hatte die Schauspielerin schon – ebenfalls mit verstopften Ohren und verbundenen Augen versucht, Gegenstände auf einem Tisch vor ihr durch Angreifen bzw. daran riechen zu erkennen.
Ihr Kollege geleitet sie zu einem kleinen Tischchen auf dem eine Uralt-Schreibmaschine steht. Immer wieder greift sie vom aufgestellten Koffer dieses Schreibgeräts, der auf dem Boden unter dem Tischerl steht ein altes, vergilbtes Blatt Papier. Und beginnt den darauf stehenden Text, den sie studiert hat, zu rezitieren: Aus einem Briefwechsel dieser berühmten, mehrsprachigen taubblinden Schriftstellerin mit dem Wiener Philosophen, Reformpädagogen und Pazifisten Wilhelm Jerusalem. Viele ihrer Gedanken über Kriegstreiber, das kapitalistische System, Ausbeutung und Unterdrückung samt Ideen, wie dem tödlichen Kreislauf ein Ende gesetzt werden könnte/sollte, finden sich auch in ihrer berühmten Rede „Verweigert den Krieg“. Die hat sie am 5. Jänner 2016 in der New Yorker Carnegie Hall gehalten. Leider nicht nur historisch, sondern noch immer „brand“aktuell.
Nach jeder Seite steht sie auf, ihr Kollege kommt – in der Rolle Jerusalems. Während sie sitzt und tippt – was auf der Schreibmaschine laute Geräusche erzeugt – spielt Werner Mössler Szenen dazu – von schuftenden Arbeitern über schießende Soldaten bis zu einem, der von einem solchen getroffen wird..
Compliance-Hinweis:
Die Berichterstattung konnte/kann nur erfolgen, weil Kinder I Jugend I Kultur I Und mehr … im Rahmen des EU-Projekts von ARBOS auf diese Reise eingeladen worden ist.